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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Wanderungen durch die Berliner Gemälde-Sammlungen
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Ueber vervielfältigende Kunst [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0105

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99

C. Sohn in erster Reihe, sie boten das Beste, was in unserer Zeit geleistet
wird. Hinter diesen Namen noch der, wenn auch guten Leistungen anderer
Künstler zu erwähnen, scheint nicht schicklich, doch soll das hier Versäumte
bei passender Gelegenheit nachgeholt werden.

Ueber vervielfältigende Kunst.
ii.
Es soll nun unsere Aufgabe sein, die verschiedenen Gattungen der ver-
vielfältigenden Kunst etwas näher in’s Auge zu fassen, das heisst unsere
geehrten Leser durch eine möglichst fassliche Erklärung mit der Technik
(dem Handwerk) der verschiedenen Reproductionsarten bekannt zu machen.
Eine jede Kunst hat ihre Technik, sie ist das Mittel, durch welches das
Kunstwerk zur sinnlichen Wirkung gelangt, sie ist das Handwerk, dessen
meisterhafte Handhabung der Künstler nothwendig inne haben muss, um
schaffen zu können. Wollten wir nun die technischen Handhaben, deren die
vervielfältigenden Künste sich bedienen, nur vorübergehend nennen, so würde
wohl der grössere Theil der geschätzten Leser über die Art ihrer Anwen-
dung im Unklaren bleiben. Der „Grabstichel“, die ,,kalte Nadel“, die „Ra-
diernadel“, das ist das Handwerkszeug des Kupferstechers; wie er sich
dieser Werkzeuge bedient, und welche Manipulationen erforderlich sind, um
sein Kunstwerk hervorzubringen, das bedarf der näheren Anschauung. Wir
wollen zu diesem Zweck eine kleine Excursion unternehmen und die Werk-
statt eines Kupferstechers besuchen.
Das Atelier des Kupferstechers bietet dem Auge nicht den interessanten
Anblick, welcher beim Besuche eines Maler-Ateliers überrascht. Hier treten
wir in einen weiten Raum, ein breites Licht strömt uns entgegen, an den
Wänden finden wir Studien aus dem bunten Leben gegriffen, welche unserer
Phantasie den weitesten Spielraum bieten, jede Studie versetzt uns in eine
andere Umgebung. Wir folgen dem Maler auf seiner Reise, er braucht nicht
zu erzählen, die bunt bemalte Leinwand spricht weit interessanter, als ein
Mensch überhaupt zu erzählen vermag. Hier sind wir in einer Bauernstube
des Schwarzwaldes, hier in einem Kuhstall ■— da lehnt an einem Brunnen
ein liebliches Mädchen •— doch wir befinden uns ja beim Kupferstecher, ja
da sieht es freilich anders aus. Möge mir der freundliche Leser diese Ab-
schweifung verzeihen, es war nicht meine Absicht, ihn mit lockenden Bildern
zu täuschen, ich brauchte dieses Intermezzo nur, um den Gegensatz zu schil-
dern. Das Arbeitszimmer des Kupferstechers ist in der Regel nicht so ge-
räumig, auch für das Auge nicht so wohlgefällig, als das des Malers, aber
doch ist es interessant.
Das Licht, welches hier durch die Fenster scheint, ist gedämpft durch
einen grossen Rahmen, welcher mit Seidenpapier bespannt ist; der Kupfer-
stecher arbeitet an einer spiegelblank geschliffenen Kupferplatte, er ist ge-
nöthigt, das directe Licht des Tages zu dämpfen. Alles sieht hier ernst und
schweigsam aus, wie der schweigsame Künstler selbst, welcher es sich zu
seiner Lebensaufgabe gemacht hat, sich in die grossen Meisterwerke ver-
gangener Jahrhunderte liebevoll zu vertiefen, und diese durch die Kunst
seines Grabstichels wieder neu zu schaffen. An den Wänden sehen wir
 
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