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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Heiden, Max: Orientalische oder polnische Seidenstoffe?
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0008

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ORIENTALISCHE ODER POLNISCHE SEIDENSTOFFE?

aber dass man sich im übrigen Europa nur an die
Produkte dieser Länder gebunden haben sollte, ist
mehr als zweifelhaft.

Wohin überall durch die dankenswerte Kunst-
liebe einzelner Fürsten oder reicher Privatleute Weber
berufen wurden, um vielleicht anfangs nur für den
persönlichen Gebrauch des hohen Auftraggebers zu
arbeiten, bis sich ihre Kunstthätigkeit auf die All-
gemeinheit übertrug, muss einstweilen dahingestellt
bleiben; sichere Belege dafür sind schwer zu finden.

Nicht immer stichhaltig ist das Vorhandensein
von Wappen oder Namenszügen für die Herkunft

sich vor etwa acht Jahren die Reisenden unserer Anti-
quitätenhändler Polen als Ziel ihrer Beute gesteckt
haben.

Alles das, was in grossen Mengen daher kam,
für polnisches Fabrikat auszugeben, wird keinem
einfallen. Polen ist immer von fast allen Völkern
Europas und Asiens heimgesucht worden, und
von glücklichen oder unglücklichen Kriegen sind
Produkte fremder Nationen an Ort und Stelle zu-
rückgeblieben, zum grössten Teile wohl orientalische
Stoffe, welche ihres reichen Seiden- und Metall-
inhaltes wegen als kostbarste Eroberung angesehen

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Fig. 2. Seidenbrokat. Persien oder Türkei. 17. Jahrhundert.

der Stoffe, da dieselben irgend wo anders auf Be-
stellung oder als Geschenk für ein befreundetes Haus
gearbeitet sein können: von höchster Wichtigkeit
ist es daher, Webereien beizubringen, welche durch
Inschrift datirt sind.

Wer hätte ohne diese jemals daran gedacht,
dass in Polen Seidenwebereien in vollendetster Tech-
nik hergestellt sein könnten? Dass ein grosser Teil
der Bevölkerung daselbst sich seit den ältesten Zei-
ten am gewöhnlichen Tuch- und Leinenwebstuhl er-
nährt, ist längst bekannt; auf edlere polnische Ware
ist man aber erst aufmerksam geworden, seit dem

wurden; aber dass dort ausser den datirten Gürteln
noch andere Stoffe gewebt sind, ist mehr als wahr-
scheinlich.

Die ersten Stoffe in Polen sind von Orientalen
gearbeitet; in welche Zeil das zurückreicht, ist un-
gewiss. Nach einer uns von befreundeter Seite zu-
gegangenen Notiz.1) soll Ende der neunziger Jahre

1) Kotaczkowski, Wiadomösci, fabrykach i rekodzielacn
w dawnej Polsce. Warschau 1881.

(Nachrichten über die Fabriken und Bandwerke im
alten Polen.)

Kino Sammelarbeit, die zwar etwas kritiklos ist. aber
viel wertvolle Mitteilungen enthalt
 
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