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ORIENTALISCHE ODER POLNISCHE SEIDENSTOFFE?
strausses. Der Orientale stellt die Blume am liebsten
in ihrer organischen Entwickelung dar: im 16.
Jahrhundert allenfalls noch im Zusammenhang mit
Ranken (vergl. Fig. 1), in späterer Zeit aber den
Strauss in seiner vollen natürlichen Entfaltung als
versetztes Streumuster wie in Fig. 2.
Was die datirten polnischen Gürtel angeht, so
soll hier nicht unerwähnt bleiben noch ein Beispiel
der Berliner Sammlung, welches die Inschrift trägt:
„nie fecit cracoviae". Dieses Stück ist im ganzen
ten Gürtel. Da sind höchstens die beiden Seiten-
borten, bei welchen sich vielleicht an die abgepasste
Posamentirarbeit jener Stücke denken lässt. Das
aufsteigende Muster, aus Ranken mit Blatt- und
Blütenwerk, ist zum Teil in Damast (Taffet und
Atlas) gewebt, zwischendurch laufen Ranken (Gold bro-
schirt) in die Höhe, welche durch Kronen verbunden,
spitzovale Felder bilden, in deren jedes ein Wappen-
schild mit dem polnischen Adler unter dem säch-
sischen Kurhut, von zwei Palmenblättern umgeben.
Fig. i. Teil eines polnischen Gürtels. Anfang des 18. Jahrhunderts. Bezeichnet F. S. oder Sl.
weniger fein als die andern, vor allem fehlt ihm
noch mehr die Ähnlichkeit der persischen "Vorbilder.
Die in Fig. 6 dargestellte Probe eines gestreif-
ten Seidenbrokates mit Silber und bunten Farben
ist nicht durch Bezeichnung datirt, gehört aber
augenscheinlich noch in dieselbe Gruppe hinein;
ferner befinden sich in Berlin andere halbseidene
gestreifte Stoffe von gröberer Arbeit, welche man
ohne weiteres als polnische Webereien bezeichnen
kann. Schwieriger ist es, mit voller Sicherheit nach-
zuweisen, dass auch die übrigen hier abgebildeten
Stoffe in Polen gearbeitet sind.
Zunächst die auf der Tafel wiedergegebene
Seidenbrokattapete. Sie erinnert in Technik und
Musterung gar nicht mehr an die genannten datir-
Die Broschirung hat nach einer späten orien-
talischen Manier stattgefunden: der mit Goldlahn
umwickelte gelbe Seidenfaden liegt ziemlich hoch
auf; durch die Bindung desselben erfolgte gleich-
zeitig eine verschiedene Musterung aller breiteren
Flächen. In der Zusammensetzung der Zeichnung
verrät das Muster dieses Stoffes einen eigenen Cha-
rakter. Bei verwandten europäischen Arbeiten der-
selben Zeit ist viel mehr Gewicht auf eine gleiche
Entwickelung des Damastmusters mit den einbro-
schirten Formen zu beobachten; hier setzen einzelne
Zweige und Blätter ganz unvermittelt au, als Werk
des fein gebildetesten Musterzeichners ist der Stoff
deshalb nicht zu betrachten. Aber wo ist er ge-
macht?
ORIENTALISCHE ODER POLNISCHE SEIDENSTOFFE?
strausses. Der Orientale stellt die Blume am liebsten
in ihrer organischen Entwickelung dar: im 16.
Jahrhundert allenfalls noch im Zusammenhang mit
Ranken (vergl. Fig. 1), in späterer Zeit aber den
Strauss in seiner vollen natürlichen Entfaltung als
versetztes Streumuster wie in Fig. 2.
Was die datirten polnischen Gürtel angeht, so
soll hier nicht unerwähnt bleiben noch ein Beispiel
der Berliner Sammlung, welches die Inschrift trägt:
„nie fecit cracoviae". Dieses Stück ist im ganzen
ten Gürtel. Da sind höchstens die beiden Seiten-
borten, bei welchen sich vielleicht an die abgepasste
Posamentirarbeit jener Stücke denken lässt. Das
aufsteigende Muster, aus Ranken mit Blatt- und
Blütenwerk, ist zum Teil in Damast (Taffet und
Atlas) gewebt, zwischendurch laufen Ranken (Gold bro-
schirt) in die Höhe, welche durch Kronen verbunden,
spitzovale Felder bilden, in deren jedes ein Wappen-
schild mit dem polnischen Adler unter dem säch-
sischen Kurhut, von zwei Palmenblättern umgeben.
Fig. i. Teil eines polnischen Gürtels. Anfang des 18. Jahrhunderts. Bezeichnet F. S. oder Sl.
weniger fein als die andern, vor allem fehlt ihm
noch mehr die Ähnlichkeit der persischen "Vorbilder.
Die in Fig. 6 dargestellte Probe eines gestreif-
ten Seidenbrokates mit Silber und bunten Farben
ist nicht durch Bezeichnung datirt, gehört aber
augenscheinlich noch in dieselbe Gruppe hinein;
ferner befinden sich in Berlin andere halbseidene
gestreifte Stoffe von gröberer Arbeit, welche man
ohne weiteres als polnische Webereien bezeichnen
kann. Schwieriger ist es, mit voller Sicherheit nach-
zuweisen, dass auch die übrigen hier abgebildeten
Stoffe in Polen gearbeitet sind.
Zunächst die auf der Tafel wiedergegebene
Seidenbrokattapete. Sie erinnert in Technik und
Musterung gar nicht mehr an die genannten datir-
Die Broschirung hat nach einer späten orien-
talischen Manier stattgefunden: der mit Goldlahn
umwickelte gelbe Seidenfaden liegt ziemlich hoch
auf; durch die Bindung desselben erfolgte gleich-
zeitig eine verschiedene Musterung aller breiteren
Flächen. In der Zusammensetzung der Zeichnung
verrät das Muster dieses Stoffes einen eigenen Cha-
rakter. Bei verwandten europäischen Arbeiten der-
selben Zeit ist viel mehr Gewicht auf eine gleiche
Entwickelung des Damastmusters mit den einbro-
schirten Formen zu beobachten; hier setzen einzelne
Zweige und Blätter ganz unvermittelt au, als Werk
des fein gebildetesten Musterzeichners ist der Stoff
deshalb nicht zu betrachten. Aber wo ist er ge-
macht?