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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Brinckmann, Justus: Aus dem Museum für Kunst und Gewerbe zu Hamburg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0014

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AUS DEM MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE IN HAMBURG.

trockneten Fleische des Seeohres (Haliotys) nach der
Urväter Sitte noch heute in Japan als glückbedeu-
tendes Zeichen der Umhüllung von Geschenken bei-
gebunden werden. Diese eckige Papierdüte wurde dem
japanischen Töpfer zu einem Motiv für kleine Hänge-
vasen, welche mit einem blühenden Zweige an einem
Pfosten des Gemaches aufgehängt wurden, und in
dieser Form, als blumengefülltes Gefäss, wurden die
Noshi wieder zu einem Ziermotiv der Weber, Lack-
maler und Ciseleure, am häufigsten mit einem Mume-
zweig, dessen Blüte um Neujahr dem Japaner ein
glückliches Jahr verheisst und damit die Bedeutung
des Noshi verstärkt. Das gestutzte Füllhorn der
Ronen er Töpfer ist nun, wie leicht zu erkennen
weiter nichts als eine ihres Sinnes entkleidete Wieder-
gabe des japanischen Noshi, und aus diesem hat
sich dann das eigentliche Füllhorn weiter entwickelt.

Nicht so leicht er-
kennbar, doch nicht min-
der zweifellos und durch
alle Zwischenstufen ver-
folgbar ist der Ursprung
eines sehr verbreiteten
marktgängigen Musters
der Delfter Töpfer. Im
Handel als Muster ..au
tonnerre" bezeichnet, wird
es mit seinen aus wolken-
artigen Gebilden zucken-
den, zackigen Blitzen und
der dazwischen aufspries-
senden Blumenfülle ge-
deutet als eine dekorative Verherrlichung des be-
fruchtenden Einflusses des Gewitters: „Aus der
Wolke quillt der Segen .... aus der Wolke,
ohne Wahl, zuckt der Strahl". Eine Spielart dieses
Musters auf einem in bunten Scharffeuerfarben be-
malten Teller ist hier abgebildet. Auch dieses Mu-
ster ist auf ein japanisches Motiv zurückzuführen,
das aber nicht im entferntesten Beziehung zum
Blitze und zur befruchtenden Wolke hat, dem viel-
mehr, weil man seinen Ursprung nicht kannte, eine
neue Bedeutung in europäischem Geiste unterge-
schoben wurde. Es ist im Grunde weiter nichts,
als die Wiedergabe des Hachibashi-Motivs, d. h. des
Motivs der acht Brücken oder Stege, wobei „acht"
für „vielfach" steht, wie denn der Japaner z. B. eine
gefüllte Kirschblüte die achtfältige nennt. Diese
Hachibashi, welche ich in dem die Gartenkunst be-
handelnden Abschnitte meines Buches „Kunst und
Handwerk in Japan" näher beschrieben habe, be-

Japanisclie Papierschablone mit dem Muster der acht Brücken.

stehen in unregelmässig in Zickzacklinien in ein
seichtes Gewässer hinausgebauten Stegen, auf wel-
chen lustwandelnd man die Pracht der Lotosblumen
oder Schwertlilien aus der Nähe bewundern kann.
Die Zickzackstege im Irissumpf werden zum fest-
stehenden Motiv. Der japanische Künstler Korin
bemalt mit ihnen seine Setzschirme; wir begegnen
ihnen in der hamburgischen Sammlung auf Medizin-
büchsen in erhabener Goldlackmalerei zwischen blau-
rot untermalten Perlmutterblüten, auf eisernen Stich-
blättern in ausgefeiltem Schattenriss zwischen gold-
tauschirten Iris, mit mannigfachen Grundmustern
verziert in Papierschablonen zum Färben der Baum-
wollzeuge. Eine Schablone dieser Art ist hierneben
abgebildet.

Bei den. Delfter Töpfern, die nichts wissen vom
japanischen Hochgenuss des Spazierens zwischen

den hohen blaublütigen
Stauden des Irissumpfes,
wird der Zickzacksteg
zum Blitz, die Andeutung
des Erdreiches zur Wolke,
die Schwertlilie zu einer
beliebigen konventionel-
len Pflanze — und das
Muster „au tonnerre" ist
fertig.

Tiefer noch in japa-
nische Eigenart führt uns
ein drittes Beispiel. Ein
Kümmchen der frühen
Zeit der Meissener Por-
zellanmanufaktur mit den auf die Glasur ffemalten
Schwertern und der auf ein Service der Gräfin Cosel
gedeuteten Goldmarke zeigt auf dem inneren Rand
ein breites, dunkelblaues Band, in regelmässigen
Abständen mit weiss ausgesparten, sechsfach ein-
gekerbten grossen Blumen besetzt, in welchen
abwechselnd eisenrote oder grünliche, flach aus-
gebreitete Blüten und etliche rote wachsende Gras-
halme gemalt sind. Kaum vermutet man hier ein
japanisches Motiv und doch liegt hier ein solches
und zwar ein häufiges, weitverbreitetes und sehr sinn-
volles zu Grunde.

Neben der Dreiheit, welche die drei auch im
Winter grünenden und blühenden, auf lebensfrisches
Alter gedeuteten, glückverheissenden Pflanzen, den
Bambus, die Kiefer, den Mumebaum umfasst, ist die
Dreiheit der „drei Freunde des Dichters", Kirschblüte,
Mond und Schnee, eine der häufigst angewandten
Dreiheiten. Hokusai, Hokkei und andere bedeutende
 
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