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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Luthmer, Ferdinand: Hinterglasmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0028
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HINTERGLASMALEREI.

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Emailsatz in Pulverform mit dem Pinsel über das-
selbe ausgebreitet; ein sebr leicbter Brand genügte,
um dieses Glas in Fluss zu bringen, und das Gold
war hierauf zwischen zwei Lagen Glas fest einge-
schlossen, von außen und innen gleich sichtbar —
übrigens ein Verfahren, welches bekanntlich noch
heute bei der Herstellung des Goldgrundes für das
venezianische Mosaik angewendet wird.

Wenn diese Technik allerdings in einem wesent-
lichen Punkte, der Anwendung des Feuers, von der
uns beschäftigenden abweicht, die durchaus auf
kaltem Wege vor sich geht, so ist es doch nicht
unmöglich, dass dieselbe nie ganz in Vergessenheit
geraten ist und Anlass zu einer etwas veränderten
Wiederaufnahme im Mittelalter gegeben hat. Jeden-
falls kennt sie der „Mönch Theophilus" noch und
giebt in der Schedula die genaue Vorschrift, welche
beweist, dass byzantinische Künstler um das Jahr
1100 noch Gläser in der angegebenen Weise ver-
goldeten und mit einer leichten, aufgebrannten Glas-
baut schützten. Zwei Jahrhunderte später aber
finden wir ein Beispiel, welches in seiner Technik
den bisher sogenannten eglomisirten Gläsern noch
mehr entspricht. Es sind gewisse ornarnentirte Glas-
einsätze an dem prachtvollen Altaraufsatz von West-
minster, den Viollet-le-Duc ins 13. Jahrhundert
setzt und im Dict. rais. d. Mob. abbildet und ein-
gehend beschreibt. Über die Anfertigungsart sagt
er (a. a. 0., I, p. 388): Man beginnt, indem man
unter das Glas ein Blatt dünngeschlagenes Silber
mit Gummi aufklebt, dem ein wenig Honig beige-
mischt ist. Alsdann malt man auf die Oberfläche
des Glases zarte Ornamente mit einer Mischung von
Leinöl, Wachs, Terpentin und Rötel, die man zu-
sammen bei sehr schwachem Feuer hat kochen
lassen. Auf diese Malerei, solange sie noch weich
ist, legt man ein Goldblatt, ist die Unterlage hart
getrocknet, so stäubt man das Gold ab und es bleibt
nur das Ornament übrig. Dies vergoldete Ornament
der Oberfläche wirft durch das Glas einen Schatten
auf das Silber der Unterfläche. In dieser Art ist
der Altar von Westminster ausgeführt, der ganz
mit einem in rote, grüne und goldene Felder geteil-
ten Muster bedeckt ist, geschmückt mit einem Fries
von Laub und Vögeln, wie man sie so oft bei den
Emaillen der Zeit findet. Wahrscheinlich bezieht
sich auch auf dies Verfahren ein Artikel in den
Satzungen der Emailleure von Paris vom Jahre 1309.
Diesen Handwerkern wird darin verboten, Glas mit
Gold oder Farbe zu dekoriren, „auf dass diejenigen
getäuscht würden, die solches kauften". Ausnahmen

sind nur bei Arbeiten für Kirchen und für den
König gestattet. Und thatsächlich konnten für un-
erfahrene Leute die solcherart dekorirten Gläser für
echte Emaillen gelten.

Für die Ausführung der eigentlichen Unterglas-
malerei giebt Molinier die Vorschrift eines in den
mittelalterlichen Techniken durch eigene Versuche
besonders erfahrenen Spezialisten Alfred Andre:

„Die sog. eglomisirten Gläser sind auf der Rück-
seite der Glasfläche ausgeführt durch ein Verfahren,
welches umgekehrt dasjenige der Emailmalerei ist.
Die erste Operation besteht darin, dass die Platte,
ob von Bergkrystall oder einfachem Glase, mit
einem Goldblatt vermittelst Gummiwasser belegt
wird. Nach dem Trocknen haftet das Gold sehr
fest am Glase und erhält einen sehr lebhaft blanken
Ton. Die zweite Operation besteht darin, dass man
mit der Nadel der Vorzeichnung entsprechend, die
Einfassungen und die Motive zeichnet, die im blan-
ken Golde stehen bleiben sollen. Darauf entfernt
man alles überflüssige Gold und putzt die Glasplatte
sauber ab. Dann erst kommt die mühsame Arbeit
der Malerei.

Der Künstler begann damit, unmittelbar alle
Feinheiten auszuführen, die aufgesetzten Goldlichter,
die hellsten Töne der Grau in Grau gemalten Stellen
und die Fleischtöne. Dann kommen, in einzelnen
übereinander,gelegten Lagen, die Lasuren von ver-
schiedenen Farben und verschiedenen Stücken nach
Maßgabe der Tonwerte, welche man erreichen will.
Stückchen von Silberfolie, sehr zart und geknittert,
die man über gewisse Partieen legt, haben den
Zweck, das Licht zurückzuwerfen und wie die Folie-
Pailletten bei der Emailmalerei zu wirken.

Ein an den Rändern aufgebogenes Stanniolblatt
schützte das Ganze. Was die Farbstoffe anbelangt,
so waren sie mit Harz, sehr wahrscheinlich sogar
mit Sandarak angemacht, denn sie sind nur in Al-
kohol und Äther löslich."

Gegenüber der unendlich mannigfaltigen und
erfindungsreichen Verwendung, welche die alten
Unterglasmaler von den sich ihnen darbietenden
Hilfsmitteln machten — ich erinnere nur an die
Radirung in Gold, welche, mit schwarzem Lack
hinterlegt, kräftige Schattirungen ergab — an die
Färbung der reflektirenden Stanniolfläche durch Lack-
farben auf der Hinterseite des Glases etc. — er-
scheint diese Beschreibung ziemlich lückenhaft; auch
vermisst man die Erwähnung der Stanniolmalerei,
die wegen ihrer relativ bequemen Ausführbarkeit
eine sehr beliebte Ergänzung der vorstehend be-

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