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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Luthmer, Ferdinand: Hinterglasmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0027

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18

HINTERGLASMALEREI.



38 daselbst aufgezählten und genau beschriebenen
Stücke eine wichtige Ergänzung zu der in dem
früheren Aufsatz versuchten Aufzählung.

Wenn heute die früher gebrauchte Bezeichnung
„eglomisirte Gläser" mit der in der Überschrift ge-
wählten vertauscht wird, so giebt hierzu eine be-
redte Philippika gegen die erstere in Molinier's Auf-
satz Veranlassung. Thatsächlich ist nicht einzusehen,
warum die Altertumswissenschaft ■ an einem, wenn
immer bequemen Ausdruck festhalten soll, sobald
dessen unbeglaubigte Herkunft so zweifellos nach-
gewiesen wird, wie es die Untersuchungen von
A. Darcel und E. Bonnaffe in diesem Falle gethan
haben. Lassen wir den letzteren selbst sprechen:
„Alle Sammler von Gegenständen des vorigen Jahr-
hunderts kennen Remy und Glomy, die beiden be-
kanntesten Sachverständigen ihrer Zeit. Der letztere,
der sich selbst nennt „Zeichner, Ecke der Rues de
Bourbon und St. Claude", war außerdem ein sehr
geschickter Einrahmer. Die beiden Experten, die
früher ein gemeinschaftliches Geschäft geführt, hat-
ten sich in ziemlich schroffer Weise getrennt und
verfehlten nun nicht, das Publikum bei Gelegenheit
von ihren kleinen Häkeleien zu unterhalten. So,
als Herr Glomy verraten hatte (im Katalog ßailly),
dass die Thätigkeit seines früheren Geschäftsteil-
habers nur darin bestanden habe, die Maße der Bilder
zu nehmen, beeilt sich Remy zu "erwidern (im Ka-
talog Julienne): „Ich will Herrn Glomy nicht auf
dieses Gebiet folgen; der Beweis, dass ich mit Ver-
gnügen ihm Gerechtigkeit widerfahren lasse, ist, dass
ich mit gleichem Vergnügen hier dem Publikum mit-
teile, wie er einer der ersten war, im Aufkleben von
Zeichnungen und im Einfassen derselben mit Strei-
fen aus Goldpapier."

In der That bestand die Spezialität des Glomy
im Einfassen der Gläser mit Streifen, die auf das
Glas selbst auf dessen Rückseite gemalt und ver-
goldet wurden. Dieses neue Verfahren fand soviel
Beifall bei den Liebhabern, dass man ihm den
Namen seines Erfinders gab; man sagte: eine Zeich-
nung, einen Stich glomisiren oder eglomisiren, d. h.
denselben nach der Art von Glomy unter Glas ein-
rahmen. A. Darcel führt eine Notiz aus einer gleich-
zeitigen Zeitschrift „l'Intermediaire" an: „Ich besitze
eine Aquarelle unter Glas und Rahmen, welche mit
einer schwarzen Einrahmung umgeben ist, die mit
Goldstrichen eingefasst wird. Diese Striche sind auf
der Rückseite der Gläser gemalt, ebenso wie die
schwarze Umrahmung mit Goldfirnis und schwarzem
Firnis. Unten steht mit der Nadel eingeritzt: Eglo-

mise par Hoeth ä Lyon." Da finden wir denn schon
das Wort in den Sprachschatz der Händler aufge-
nommen und den Weg von Paris nach Lyon nehmend.
Und gerade am letzteren Ort hat es Carraud d. ä. zuerst
gedruckt, wahrscheinlich 1825. Als er einen Katalog
von mittelalterlichen, auf der Rückseite gemalten
und vergoldeten Gläsern zu beschreiben hat, nimmt
er ohne weiteres das ihm zunächst liegende Wort,
welches zur Bezeichnung eines annähernd gleichen
Verfahrens diente, und dessen ganz neuer Ursprung
ihm selbst wohl unbekannt war.

Unter der Autorität von Carraud hat das Wort
dann Glück gemacht, es hat sich bei den Sammlern
eingebürgert, der Katalog des Clunymuseums hat
ihm eine offizielle Bedeutung gegeben und die Ita-
liener, welche es „agglomizzato" schrieben, haben ihm
ein gewisses archaistisches Mäntelchen umgehängt,
das ihm wunderbar steht und seine Zukunft ver-
bürgt.

Es liegt hiernach wohl keine Veranlassung vor,
in dem bestrittenen Ausdruck den Namen eines un-
bedeutenden Professionisten aus dem vorigen Jahr-
hundert zu verewigen — wenn es auch abzuwarten
bleibt, ob sich der Sammler-Jargon ein bequemes
und eingebürgertes Wort so ohne weiteres wird ent-
ziehen lassen.

An die Spitze seiner geschichtlichen Untersuch-
ung über „Hinterglasmalerei" setzt Molinier die sog.
Martyr- oder Blutschalen (Verres cimiteriaux), die
in den Begräbnisplätzen der Katakomben von Rom
(nach Demmin auch in Köln) in Bruchstücken ge-
funden worden sind. Dieselben gehören der Zeit
der Christenverfolgungen im 3. und 4. Jahrhundert
an. Die bei denselben angewendete Technik ist fol-
gende : Auf die Rückseite der Schale oder der Glas-
scheibe wurde mit einem sehr dünn aufgetragenen
Klebemittel ein Goldblatt geklebt, und auf diesem
mit der Nadel die Umrisslinien des darzustellenden
Gegenstandes, sei es ein Heiliger, ein symbolisches
Ornament, oder die Buchstaben einer Inschrift, leicht
eingeritzt; hierauf alles außerhalb der Konturlinien
befindliche Gold weggeschabt. In gleicher Weise
wurden mit der Nadel die inneren Linien der Zeich-
nung, Gesichtszüge, Gewandfalten, Haare etc., ein-
geritzt. Gewisse Einzelheiten konnten dann noch
mit Schmelzfarbe hervorgehoben werden, wie man
es auf einem sehr merkwürdigen, vor wenigen Jahren
in Rom ausgegrabenen Glase sieht, welches eine
perspektivische Ansicht des Tempels zu Jerusalem
darstellt. Endlich wurde, nachdem das Gold ge-
trocknet war, eine Lage Glasstaub oder farbloser
 
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