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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 5.1894

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Das badische Kunstgewerbe in Chicago
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4565#0074

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KLEINE MITTEILUNGEN.

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fallen, zu erkennen, welch fruchtbare Wechsel-
wirkung Schule und Praxis in Baden verbindet.
Überall macht sich diese gegenseitige Fühlung be-
merkbar, denn sie kommt insbesondere auch dadurch
zum Ausdruck, dass der Vorstand der Karlsruher
Schule zugleich auch der Leiter des Badischen Kunst-
gewerbevereins ist. Die Großh. Kunstgewerbeschule
Karlsruhe darf es als eine besondere Auszeichnung
betrachten, dass sie seitens des Herrn Reichskom-
missars ausgewählt wurde, im Anschlüsse an die
Unterrichtsausstellung des preußischen Kultusmini-
steriums in Chicago, den kunstgewerblichen Unter-
richt Deutschlands zu repräsentiren. Sie hat diese
Aufgabe gut gelöst, denn die in den sieben Kojen
untergebrachten Arbeiten der Anstalt hatten sich
allseitiger Anerkennung seitens der Fachkreise zu
erfreuen. In geschmackvoller Anordnung waren an
Wänden und innerhalb Vitrinen und Schränken
folgende Unterrichtsgebiete vertreten: Freihand-
zeichnen, Figurenzeichnen, Aktzeichnen, Darstellen

nach der Natur, Stilisiren, Ornamentik, Architektur,
kunstgewerbliches Zeichnen und Entwerfen, Thon-
und Wachsmodelliren, Ciseliren, Graviren, Atzen,
Lederplastik, dekoratives Malen und Kalligraphie.
Dass mehr die Endergebnisse, als die eigentlichen
Lehrgänge dieser Unterrichtsfächer ausgestellt waren,
finden wir bei dem unzureichenden Räume begreif-
lich. Nebst der Schule hatten Direktor Götz, so-
wie die Professoren und Lehrer F. S. Meyer, E. Bisehoff,
K. Hagel, M. Länger zahlreiche Originalentwürfe,
sowie sonstige Publikationen eingesendet. Wenn
Deutschlands Kunstgewerbe in Chicago einen be-
deutenden Erfolg erzielt hat, so hat Baden an dem-
selben einen redlichen Anteil, denn seine eingesen-
deten Erzeugnisse bezeugten das ernstliche Bemühen,
die besten Kräfte einzusetzen, um als ein tüchtiges
Glied zum Erfolg des großen Ganzen beizutragen.')

1) Weitere Illustrationen von badischen Erzeugnissen
in Chicago folgen in späteren Heften. D. Red.

KLEINE MITTEILUNGEN.

BUCHERSCHAU.

Heraldisches Handbuch für Freunde der Wappenkunst,
sowie für Künstler und Gewerbtreibende, bearbeitet und
mit Beihilfe des Kgl. Preuß. Kultusministeriums heraus-
gegeben von F. Warneehe. Mit 318 Abbildungen nach
Handzeichnungen von E. Döpler d. j. und einer Lichtdruck-
tafel. VII. Auflage. Verlag von Heinrich Keller. Frank-
furt a/M. 1893.
Der völlig andere Standpunkt, den die Heraldik der Jetzt-
zeit einnimmt gegenüber der Heraldik der letztverflossenen
•lahrhunderte, kann nicht besser gekennzeichnet werden, als
durch die Thatsache, dass das obengenannte Werk jetzt
bereits in siebenter Auflage erschienen ist. Mit dem Wieder-
aufblühen des Kunstgewerbes, dem Zurückgreifen auf die
Arbeiten unserer alten Meister, war auch eine Neubelebung
des Wappenwesens verbunden, welches im Mittelalter und
zur Zeit der Renaissance eine frische fröhliche Kunst bildete,
Bn der Adel und Bürgertum gleich beteiligt waren und
welche für so manche prächtige Schöpfungen der Plastik
und Kleinmalerei die Motive bot. Freilich, den Lehrbüchern
einer verknöcherten Heraldik, wie solche im vorigen und in
ler ersten Hälfte dieses Jahrhunderts mehrfach erschienen,
"Oll halb unverständlicher weitschweifiger Regeln und illu-
stnrt mit geschmacklosen Zerrbildern, konnte kein vernünf-
tiger Mensch Geschmack abgewinnen, um so weniger als sie
«as Wappenwesen des Bürgertums und der Korporationen
lot&dtewappeo, Zunftwappen O. s. w.j meist völlig ignorirten

und von den Beziehungen der Heraldik zu Kunst und Kunst-
gewerbe überhaupt keine Ahnung hatten. Kein Wunder,
wenn infolgedessen die Heraldik überhaupt stark in Miss-
kredit geriet und höchstens noch in den Siegelsammlungen
weniger Liebhaber ein kümmerliches Dasein fristete. Das
ist jetzt anders geworden. Abgesehen davon, dass die Be-
deutung des Wappens an sich als eines wichtigen Familien-
symbols beim Adel wie beim besseren Bürgertum wieder
voll gewürdigt wird, hat man auch seinen dekorativen Wert
von neuem schätzen gelernt. Nun ist es aber bekannt, dass
fast nirgends der Stil sich so stark ausprägt als gerade an
heraldischen Darstellungen; und eben dieser Stil mit seinen
nach der Zeitfolge wechselnden Eigentümlichkeiten ist es,
dessen Kenntnis man von jedem, der in heraldischer Kunst
arbeitet, verlangen muss. Dass z. B. an einem Möbel im
Stil von 1550 ein Wappen im Stil — oder richtiger Nicht-
Stil — v. J. 1830 angebracht wird, gehört auch heute noch
nicht zu dem Ungewöhnlichsten; ebenso kommt es noch vor,
dass ein Zeichner oder Bildhauer, der gerade über ein paar
heraldische Muster verfügt, einen frühgotischen Schild, einen
spätgotischen Helm und Renaissancelaubwerk zusammenkom-
ponirt — was auf den Kenner etwa den gleichen unange-
nehmen Eindruck macht, wie Antiqua-, gotische und moderne
Lettern in einer Druckzeile. Früher konnte man es nun
niemandem so sehr übel nehmen, wenn er derartige Fehler
machte; es gab kein geeignetes Werk, aus welchem der Kunst-
handwerker Belehrung und Vorlagen hätte entnehmen können.
Heutzutage ist das anders. Als erstes Vorlagenwerk für
 
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