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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 12.1901

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Luthmer, Ferdinand: Möbel und Zimmereinrichtungen auf der Pariser Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4878#0160
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MÖBEL UND ZIMMEREINRICHTUNGEN AUF DER PARISER AUSSTELLUNO



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H. E. v. BERLEPSCH. GRABPLATTE FÜR DEN

LITERARHISTORIKER PROF BÄCHTOLD,

AUSGEFÜHRT IN GETRIEBENEM KUPFER VON

WINHARD & CO., MÜNCHEN

mung und Eleganz der Ausführung stand dieser,
mit Bildern von Hans Thoma und Skulpturen
von F. Hausmann geschmückte Raum mit in erster
Linie. Sehr viel Kunst und anmutige Beziehungen
zur Bestimmung des Raumes waren in dem von
Götz und Gagel gezeichneten, von Himmelheber
und Gehrig ausgeführten Trausaal des Karls-
ruher Rathauses verarbeitet. Seine Formengebung
war die bekannte, dem Neuen mit einer gewissen
Reserve entgegenkommende der Karlsruher Schule.
Vor demselben waren an bescheidener Stelle zwei
Nischen von Peter (Mannheim) ausgestellt, die in ihrer
guten Zeichnung und einer an das Amerikanische an-
klingenden Flachschnitzerei alle Beachtung verdienten.
Wenn der Raum der Münchener Möbelfabrikanten
sich auch als »Herrenzimmer in modernem Stil« be-
zeichnete, so wirkte die tüchtige, von A. Pössenbecher

entworfene, von O. Fritzsche, Köllmayr und Michael
ausgeführte Arbeit doch im Vergleich zu dem, was
man sonst in München modern nennt, einigermassen
zahm. Sehr beifällig wurde die »Dielen«-Einrich-
tung von Prof. Riegelmann beurteilt, welche am
Fusse der von demselben frisch und prächtig ge-
schnitzten Jagdtreppe ihren Platz gefunden hatte.
Auch bei diesen Möbeln erfreute die gesunde Be-
handlung der plastischen Formen, die sich mit einer
gewissen norddeutschen, frühmittelalterliche Motive
bevorzugenden Derbheit verband.

Wenn wir uns auch nicht zu der Ansicht be-
kennen können, dass der moderne Stil durch sein
Auftreten in Paris eine siegreiche Propaganda ge-
macht hätte, so hat die Ausstellung doch wesentlich
dazu beigetragen, die Ansichten und Bezeichnungen
zu klären. Man hat in der Nebeneinanderstellung
gewisse Gemeinsamkeiten kennen gelernt, so dass »die
Moderne« dem Publikum nicht mehr als die entfesselte
Laune einiger Künstler erschien. Gewisse Grund-
züge, die in einem an dieser Stelle jüngst gebrachten
Aufsatz über Van de Velde dargelegt waren, kehren
bei einer guten Anzahl von Vertretern des Neuen
wieder. Das ehrliche Streben, das Möbel vor allem
so zu gestalten, dass es bequem ist — die Befreiung
von einem ganzen Wust architektonisch-dekorativen
Beiwerks muten uns überall da sympathisch an, wo
sie nicht mit der erkennbaren Absicht verbunden
sind, um jeden Preis originell sein zu wollen. Auch
die Rücksicht auf die natürlichen Konstruktionsmotive
des Holzes bildet einen Vorzug des modernen Möbels,
allerdings nur da, wo der Künstler sich mit ihnen
vertraut zeigt. Leider ist dies nicht überall bemerk-
bar — wir werden nur zu oft daran erinnert, dass
die Domäne des Möbelzeichnens neuerdings aus der
Hand des Architekten in diejenige des Malers über-
gegangen ist: Lechter, Eckmann, Bruno Paul, Riemer-
schmied, Läuger, der Elsässer Carl Spindler, Pankok,
um nur die Deutschen zu nennen. Ein gemeinsames
Merkmal bildet dann vor allem das Verlassen der
gradlinigen Konturen. Klingt bei den Franzosen
diese Schweifung der Silhouette häufig noch an die
eleganten Linien des Rokoko an, so verfolgt sie bei
den Österreichern und Deutschen meist jene ab-
solute »Schönheitslinie«, die um so weniger Aussicht
auf allgemeine Anerkennung hat, je individueller der
Begriff »Schönheit« aufgefasst wird.

Unleugbare Vorzüge hat das moderne Interieur
in der Farbengebung aufzuweisen; vorbereitet durch
die englische Vorliebe für helle Stimmungen, die
ihre Studien vielfach bei der japanischen Kunst ge-
macht hat, überrascht uns die moderne Dekoration
häufig durch ebenso neue, wie anmutige Farben-
akkorde. Reizend war die auf Grün und Lila mit
Gold gestimmte Ehrenhalle der Österreicher von
Baumann - klar, fröhlich und doch vornehm der
Salon der Stadt Wien im österreichischen Hause -
von Portois und Fix nach Fabiani's Entwürfen aus-
geführt: Der hellen Stimmung von milchweisser
Seide, Spiegelwänden, grauem Ahorn und Silber
war als klingender Ton ein kaltes Kirschrot aufgesetzt.
 
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