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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906. Wendischer Ofen, oben mit grünen topfariig vertieften Kacheln — Lausitzer Möbelstücke: blaubemaltes
Bett von 1882 — Wiege von 1824 — Tellerbrett mit 25 Zinntellern, 4 Zinnschüsseln, bemalten Gläsern, Salzfaß, Leuchter, Fußwärmer — Lehnstuhl
mit Lederbezug
St. Remi übertragen. Die Einlagen bestehen hier aus
Blei, das in schwalbenscliwanzförmige Nuten gegossen
und mit dem Hammer nachgetrieben wurde.
Von Frankreich kommt die Tecknik der Inkrustation
nach England, indes ist wenig von alten Arbeiten erhalten,
der einzige Fußboden dieser Art liegt vor dem Grabmal
des hl. Thomas Becket in der Kathedrale von Canterbury
(ca. 1220). In Deutschland ist aus der gleichen Zeit
bekannt der Gipseinlageboden des Domchores in Hildes-
heim, dessen Reste jetzt im Kreuzgange aufbewahrt sind.
Die Einlagearbeiten der spätmittelalterlichen Zeit konn-
ten mit Erfolg mit der Skulptur der Zeit konkurrieren, be-
sonders die steifen architektonischen Umrahmungen an
flachen Grabplatten ließen sich leicht durch Harzkitt- oder
farbige Mörteleinlage wiedergeben. Auch Metalleinguß
(besonders Blei) war hierfür sehr günstig. Gesteigert
wurde die Wirkung durch Anwendung gravierter oder
emaillierter Kupferplatten, die namentlich in Flandern sehr
in Mode kamen. Es ist damit die Verbindung mit dem
Niello geschaffen. Großartige Beispiele sind der Grabstein
des Symon Bocheux in Notre-Dame zu St. Omer (1462)
und eine Grabplatte im Museum zu Douai aus dem
16. Jahrhundert.
Italien hat die Inkrustationstechnik treu bewahrt. Die
hervorragendsten Beispiele für das 14. Jahrhundert sind
die Kathedralen von Siena und Florenz, diese bis in den
Tambour der Kuppel hinein mit Mosaik überdeckt, und
der Campanile Giottos. Inkrustierte Grabsteine birgt
namentlich St. Croce, das Pantheon von Florenz. Ein
prachtvolles Werk ist das Tabernakel von Andrea di Cione
(Orcagna) von 1352—1359 in Or San Michele, Florenz,
dessen außerordentlicher Reichtum an vergoldeten Glas-
emaillen bemerkenswert ist. Donatello hat die Inkrustations-
technik ebenfalls verwandt, so z. B. an der Cantoria, einer
ursprünglich im Dome aufgestellten Orgelbrüstung von 1433.
Mosaikfußböden in Verbindung mit Mörteleinlagearbeit
hat Italien in unerreichter Fülle und Schönheit produziert.
Der großartigste Boden dieser Art ist der der Kathedrale
von Siena, ein Werk, an dem sieben Dezennien und eine
ganze Anzahl von Künstlern gearbeitet haben. Entgegen
früheren Beispielen ist hier vorzugsweise der Grund in
dunklem Marmor ausgelegt, teils braunrot oder blaugrau,
mit kräftigen Fugen sind die Umrisse der Zeichnung in
Harzkitt behandelt. Die Darstellungen sind den ver-
schiedensten Gebieten entnommen, teils aus dem alten
Testament, teils Wappenbilder von Städten, teils idealer
Art, wie die Tugend, dann Persönlichkeiten, die Sibyllen,
Propheten usw. Da der alte Boden durch den starken
Verkehr der Gefahr der Zerstörung ausgesetzt ist, so
wurde er teilweise in das Museum überführt, um das
Original zu retten (jetzt mit Brettern überdeckt, die auf
Verlangen abgedeckt werden). Die einzelnen Darstellungen
sind teilweise nach Kartons bekannter Künstler ausgeführt,
so z. B. der Triumph der Tugend von Pinturicchio (1506
durch Paolo Manucci in Marmor inkrustiert).
Auch Beccafumi gebührt ein großer Anteil, so das
schöne Bild: Moses schlägt die Felsen. Interessant durch
die Technik sind die Bilder in den Schwellen des Bap-
tisteriums zu Siena, die in einer charakteristischen, einer
Kohlezeichnung ähnelnden Strichmanier durchgeführt sind.
Sie wurden 1450 durch Bartolomeo di Mariano und An-
tonio Federighi ausgeführt. Die Kirche San Domenico in
Siena bewahrt ebenfalls einen sehr charakteristischen Fuß-
boden von Beccafumi.
In Lucca ist das Mittelfeld des Fußbodens im Mittel-
schiff der Kathedrale, das Urteil Salomos wiedergebend,
KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906. Wendischer Ofen, oben mit grünen topfariig vertieften Kacheln — Lausitzer Möbelstücke: blaubemaltes
Bett von 1882 — Wiege von 1824 — Tellerbrett mit 25 Zinntellern, 4 Zinnschüsseln, bemalten Gläsern, Salzfaß, Leuchter, Fußwärmer — Lehnstuhl
mit Lederbezug
St. Remi übertragen. Die Einlagen bestehen hier aus
Blei, das in schwalbenscliwanzförmige Nuten gegossen
und mit dem Hammer nachgetrieben wurde.
Von Frankreich kommt die Tecknik der Inkrustation
nach England, indes ist wenig von alten Arbeiten erhalten,
der einzige Fußboden dieser Art liegt vor dem Grabmal
des hl. Thomas Becket in der Kathedrale von Canterbury
(ca. 1220). In Deutschland ist aus der gleichen Zeit
bekannt der Gipseinlageboden des Domchores in Hildes-
heim, dessen Reste jetzt im Kreuzgange aufbewahrt sind.
Die Einlagearbeiten der spätmittelalterlichen Zeit konn-
ten mit Erfolg mit der Skulptur der Zeit konkurrieren, be-
sonders die steifen architektonischen Umrahmungen an
flachen Grabplatten ließen sich leicht durch Harzkitt- oder
farbige Mörteleinlage wiedergeben. Auch Metalleinguß
(besonders Blei) war hierfür sehr günstig. Gesteigert
wurde die Wirkung durch Anwendung gravierter oder
emaillierter Kupferplatten, die namentlich in Flandern sehr
in Mode kamen. Es ist damit die Verbindung mit dem
Niello geschaffen. Großartige Beispiele sind der Grabstein
des Symon Bocheux in Notre-Dame zu St. Omer (1462)
und eine Grabplatte im Museum zu Douai aus dem
16. Jahrhundert.
Italien hat die Inkrustationstechnik treu bewahrt. Die
hervorragendsten Beispiele für das 14. Jahrhundert sind
die Kathedralen von Siena und Florenz, diese bis in den
Tambour der Kuppel hinein mit Mosaik überdeckt, und
der Campanile Giottos. Inkrustierte Grabsteine birgt
namentlich St. Croce, das Pantheon von Florenz. Ein
prachtvolles Werk ist das Tabernakel von Andrea di Cione
(Orcagna) von 1352—1359 in Or San Michele, Florenz,
dessen außerordentlicher Reichtum an vergoldeten Glas-
emaillen bemerkenswert ist. Donatello hat die Inkrustations-
technik ebenfalls verwandt, so z. B. an der Cantoria, einer
ursprünglich im Dome aufgestellten Orgelbrüstung von 1433.
Mosaikfußböden in Verbindung mit Mörteleinlagearbeit
hat Italien in unerreichter Fülle und Schönheit produziert.
Der großartigste Boden dieser Art ist der der Kathedrale
von Siena, ein Werk, an dem sieben Dezennien und eine
ganze Anzahl von Künstlern gearbeitet haben. Entgegen
früheren Beispielen ist hier vorzugsweise der Grund in
dunklem Marmor ausgelegt, teils braunrot oder blaugrau,
mit kräftigen Fugen sind die Umrisse der Zeichnung in
Harzkitt behandelt. Die Darstellungen sind den ver-
schiedensten Gebieten entnommen, teils aus dem alten
Testament, teils Wappenbilder von Städten, teils idealer
Art, wie die Tugend, dann Persönlichkeiten, die Sibyllen,
Propheten usw. Da der alte Boden durch den starken
Verkehr der Gefahr der Zerstörung ausgesetzt ist, so
wurde er teilweise in das Museum überführt, um das
Original zu retten (jetzt mit Brettern überdeckt, die auf
Verlangen abgedeckt werden). Die einzelnen Darstellungen
sind teilweise nach Kartons bekannter Künstler ausgeführt,
so z. B. der Triumph der Tugend von Pinturicchio (1506
durch Paolo Manucci in Marmor inkrustiert).
Auch Beccafumi gebührt ein großer Anteil, so das
schöne Bild: Moses schlägt die Felsen. Interessant durch
die Technik sind die Bilder in den Schwellen des Bap-
tisteriums zu Siena, die in einer charakteristischen, einer
Kohlezeichnung ähnelnden Strichmanier durchgeführt sind.
Sie wurden 1450 durch Bartolomeo di Mariano und An-
tonio Federighi ausgeführt. Die Kirche San Domenico in
Siena bewahrt ebenfalls einen sehr charakteristischen Fuß-
boden von Beccafumi.
In Lucca ist das Mittelfeld des Fußbodens im Mittel-
schiff der Kathedrale, das Urteil Salomos wiedergebend,