KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
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dunklem Marmor und Harzkittinkrustation eingearbeitet.
Der Fußboden des Baptisteriums zeigt die Technik des
Opus sectile in eigenartiger Anwendung. Weiße, braun-
rote und schwarze Marmorstückchen bilden, in eine zement-
artige Masse von außerordentlicher Härte eingedrückt,
Wellen-, Schachbret- und Bandmuster. Breite Marmor-
bänder aus weißem Marmor mit schwarzen Marmor-
einlagen bilden die trennenden Teilungen. Daneben sind
carrarische Marmorplatten, mit dunklen Marmoren und
mit Zementeinlagen dekoriert, verwandt, die in ihren
Einzelheiten sehr von orientalischen Stoffmustern beein-
flußt sind. Der Tierkreis kommt hier wie in St. Miniato vor.
Begule nimmt nach den Zeitverhältnissen wie nach
Ähnlichkeit in den Techniken der Inkrustationen von Lyon
und denen Italiens, namentlich in der Toskanas, die ihrer-
seits wieder verwandt sind mit byzantinischen in St. Marko
und dem Osten (z. B. Daphni), an, daß die Mörtelinkrustation
demgemäß von Byzanz nach St. Marko, von hier in die
Lombardei und in die Toskana eingeführt worden ist und
hier diese Kunst in der Mitte des 12. Jahrhunderts ihren
Höhepunkt erreicht hat. Von Norditalien überschritten
lombardische Scarpellini (Steinmetzen) die Alpen und
brachten die Inkrustationstechnik zwischen 1150 und 1180
nach Lyon, das damals auf der großen Straße von Italien
über die Rhone nach dem Herzen Frankreichs eine wich-
tige Übergangsstation war.
Der Umschwung der Baukunst in Frankreich im
13. Jahrhundert räumt zwar mit fremden Bauelementen
stark auf, indessen bleibt die Inkrustation lebensfähig
und wird sowohl zu Fußböden wie zur Ausstattung
kostbarer Grabplatten viel und gern benutzt. Von diesen
Arbeiten ist fast nichts erhalten, zeichnerische Darstellungen
von vorzüglichen Fußbodeneinlagen hat der bekannte
Architekt Percier 1795 in den Ruinen der Abteikirche von
St. Denis angefertigt, die z. B. VioIlet-le-Duc beschreibt.
Auch die unteren Wandflächen der St. Chapelle waren in
ähnlicher Weise mit farbigen Glaseinlagen geschmückt.
Reste jener Zeit bewahren verschiedene Museen, so
z. B. das zu Douai, das der Abtei zu Menoux und das
der petits Augustins in Paris. Die interessantesten Reste
bewahrt die Kirche von St. Omer. Der berühmte Fuß-
boden dieser Kirche wurde gestiftet Ende des 13. oder
Anfang des 14. Jahrhunderts von verschiedenen Familien
und Korporationen, darunter den Geschlechtern von St. AI-
degonde und Wasselin und den Brüdern der Gilde (das
ist: der Handelskammer: Istuni lapidem deter fratres de
Gilda). Die 3,25 m langen und 1,60 m breiten Platten
zeigen in Mosaik und Inkrustation Darstellungen der
freien Künste, der Musik, der Astronomie usw. Die Ein-
lage ist teils in braunrot, teils in schieferblau in gelblichem
Kalkstein hergestellt. Unter den Mustern sind besonders
schön Darstellungen von Rittern auf ihren Turnierpferden.
Der gleichfalls sehr berühmte Boden der Kirche St.
Nicaise in Rheims wurde während der Kaiserzeit nach
Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906. Weihnachten im sächsischen Erzgebirge: links Krippe oder Christgeburl — auf dem Tische die Pyramide
mit drei Geschossen (sich drehenden Platten); links davon der Paradiesgarten — auf dem roten Schrank von 1817 und auf dem Fensterbrett Berg-
mannsleuchter — rechts am Boden eine Trage (um Lasten auf dem Rücken zu tragen) — von der Decke herabhängend die Bergspinne (Kronleuchter
mit Bergparade) - - zwischen Tisch und Fenster der Klöppelsack — vorn ein Wiegepferd. Über dem Schrank ein Bild mit vierspännigem Lastwagen
Kunstgewerbeblatt. N. F. XVII. H. o 2^
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dunklem Marmor und Harzkittinkrustation eingearbeitet.
Der Fußboden des Baptisteriums zeigt die Technik des
Opus sectile in eigenartiger Anwendung. Weiße, braun-
rote und schwarze Marmorstückchen bilden, in eine zement-
artige Masse von außerordentlicher Härte eingedrückt,
Wellen-, Schachbret- und Bandmuster. Breite Marmor-
bänder aus weißem Marmor mit schwarzen Marmor-
einlagen bilden die trennenden Teilungen. Daneben sind
carrarische Marmorplatten, mit dunklen Marmoren und
mit Zementeinlagen dekoriert, verwandt, die in ihren
Einzelheiten sehr von orientalischen Stoffmustern beein-
flußt sind. Der Tierkreis kommt hier wie in St. Miniato vor.
Begule nimmt nach den Zeitverhältnissen wie nach
Ähnlichkeit in den Techniken der Inkrustationen von Lyon
und denen Italiens, namentlich in der Toskanas, die ihrer-
seits wieder verwandt sind mit byzantinischen in St. Marko
und dem Osten (z. B. Daphni), an, daß die Mörtelinkrustation
demgemäß von Byzanz nach St. Marko, von hier in die
Lombardei und in die Toskana eingeführt worden ist und
hier diese Kunst in der Mitte des 12. Jahrhunderts ihren
Höhepunkt erreicht hat. Von Norditalien überschritten
lombardische Scarpellini (Steinmetzen) die Alpen und
brachten die Inkrustationstechnik zwischen 1150 und 1180
nach Lyon, das damals auf der großen Straße von Italien
über die Rhone nach dem Herzen Frankreichs eine wich-
tige Übergangsstation war.
Der Umschwung der Baukunst in Frankreich im
13. Jahrhundert räumt zwar mit fremden Bauelementen
stark auf, indessen bleibt die Inkrustation lebensfähig
und wird sowohl zu Fußböden wie zur Ausstattung
kostbarer Grabplatten viel und gern benutzt. Von diesen
Arbeiten ist fast nichts erhalten, zeichnerische Darstellungen
von vorzüglichen Fußbodeneinlagen hat der bekannte
Architekt Percier 1795 in den Ruinen der Abteikirche von
St. Denis angefertigt, die z. B. VioIlet-le-Duc beschreibt.
Auch die unteren Wandflächen der St. Chapelle waren in
ähnlicher Weise mit farbigen Glaseinlagen geschmückt.
Reste jener Zeit bewahren verschiedene Museen, so
z. B. das zu Douai, das der Abtei zu Menoux und das
der petits Augustins in Paris. Die interessantesten Reste
bewahrt die Kirche von St. Omer. Der berühmte Fuß-
boden dieser Kirche wurde gestiftet Ende des 13. oder
Anfang des 14. Jahrhunderts von verschiedenen Familien
und Korporationen, darunter den Geschlechtern von St. AI-
degonde und Wasselin und den Brüdern der Gilde (das
ist: der Handelskammer: Istuni lapidem deter fratres de
Gilda). Die 3,25 m langen und 1,60 m breiten Platten
zeigen in Mosaik und Inkrustation Darstellungen der
freien Künste, der Musik, der Astronomie usw. Die Ein-
lage ist teils in braunrot, teils in schieferblau in gelblichem
Kalkstein hergestellt. Unter den Mustern sind besonders
schön Darstellungen von Rittern auf ihren Turnierpferden.
Der gleichfalls sehr berühmte Boden der Kirche St.
Nicaise in Rheims wurde während der Kaiserzeit nach
Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906. Weihnachten im sächsischen Erzgebirge: links Krippe oder Christgeburl — auf dem Tische die Pyramide
mit drei Geschossen (sich drehenden Platten); links davon der Paradiesgarten — auf dem roten Schrank von 1817 und auf dem Fensterbrett Berg-
mannsleuchter — rechts am Boden eine Trage (um Lasten auf dem Rücken zu tragen) — von der Decke herabhängend die Bergspinne (Kronleuchter
mit Bergparade) - - zwischen Tisch und Fenster der Klöppelsack — vorn ein Wiegepferd. Über dem Schrank ein Bild mit vierspännigem Lastwagen
Kunstgewerbeblatt. N. F. XVII. H. o 2^