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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Lessing, Julius: Zwei Ausstellungen alter Kunstwerke in Belgien 1905
DOI article:
Dülberg, Franz: Die Münchener Ausstellung für angewandte Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0016

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DIE MÜNCHENER AUSSTELLUNO FÜR ANGEWANDTE KUNST

sätzen versah; die Grundformen bleiben die alten,
nur einzelne Linien im Ornament verraten die etwas
jüngere Zeit. Die Lütticher Ausstellung ist reich an
guten Exemplaren, die bekannten Namen der älteren
Sammler sind verschwunden, aber es sind einige neue
sehr anerkennenswert aufgetreten. Übrigens ist zu
bemerken, daß der Stil, den wir als Lütticher zu be-
zeichnen pflegen, auch in Aachen und sonst am
Niederrhein, wenn auch mit Abweichungen, geblüht
hat. Das vortrefflich geleitete Kunstgewerbemuseum
in Köln hat gerade in den letzten Jahren auf diesem
Gebiete gesammelt und wird uns wohl Aufklärungen
über den Zusammenhang bringen.

Auf anderen Gebieten lehrt uns Lüttich nicht viel.

Glas ist reichlich vertreten, ob alles belgischer Her-
kunft ist, habe ich nicht untersuchen können. Von
Silberschmiedwaren für weltlichen Gebrauch ist nur
wenig vorhanden, von Wandteppichen nur so viel,
als für die Hintergründe nötig ist. Die Gemälde
sind nach sachlichen Gesichtspunkten ausgesucht,
Porträts, Zeremonienbilder und dergleichen.

Es mag sein, daß der Katalog, der demnächst er-
scheinen soll, noch auf schätzenswerte Einzelheiten
hinweist, im ganzen wird sich wohl das Urteil nicht
ändern, daß diese Ausstellung ein hübsches und an-
regendes Dekorationsstück ist, daß sie aber in unserer
Kenntnis alter Kunst nicht gerade einen Merkstein
bilden wird.

DIE MÜNCHENER AUSSTELLUNG FÜR ANGEWANDTE KUNST

Von Franz Dülberg

DAS neue Münchener Nationalmuseum ist aus dem
Geiste jener Dekorations-Meiningerei, die zum
Teil geschmackvoll, fast immer aber — in der
eigentlich armen Stadt — reich, die Wagner- und Mozart-
Aufführungen des Hoftheaters auszeichnet. Wie in
einer gefangennehmenden Wandeldekoration wird der
Besucher, der die Wanderung nicht in der Mitte ab-
brechen darf, von der Römerzeit bis zur Bismarck-
zeit hindurchgezwungen. Wer nun sonst mit dem
blaugoldenen Prunkbett des wiedergeborenen Sonnen-
königs Ludwig II. den Beschluß machte und darüber
nachgrübelte, warum eine an hellen Hammerschlägen
so reiche Zeit in ihrem Wohnen so träumenwollend
fern zurückflüchtete, der braucht heute nur ein paar
Schritte weiter, zum Studiengebäude desselben Mu-

seums zu gehen, um in einer bis tief in den Herbst
hinein geöffneten Ausstellung zu sehen, wie eine
Schar tüchtiger, meist angesehener Künstler den Men-
schen unserer Tage zurufen: so sollt ihr euch um-
geben, so sollt ihr die Linien eurer Gärten ziehen,
und — da auch ein Scheinfriedhof als Musterbeispiel
hingestellt wurde — so sollt ihr euch begraben
lassen!

Es ist nicht allzuviel, was die Künstler da dem
kauffähigen Großbürgertum zumuten. Ich wünschte,
die Leute hätten mehr verlangt. Eigentlich sagen sie
nur: wohnt nicht mehr zu sechsen oder achten in
einem schlecht nachgemachten Palazzo Pitti, sondern
möglichst jeder für sich in einem kleinen Hause mit
Gärtchen, das ihm auf den Leib zugeschnitten ist,
 
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