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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0248

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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sehr interessante kunstgewerbliche Gegenstände. Hervor-
zuheben ist eine Sammlung älterer eiserner Schwertslich-
blätter, deren Eisen mit vollendeter Meisterschaft ge-
schmiedet ist und sehr schöne einfache Ziermotive zeigt.

Straßburg i. Eis. Die Bibliothek und Vorbildersamm-
lung des Städtischen Kunstgewerbemuseums sind jetzt im
Marstall des alten Schlosses untergebracht.

Leipzig. Ein ungenannter Leipziger Kunstfreund hat
dem Kunstgewerbemuseum eine bedeutende Summe ge-
schenkt und dadurch den Ankauf wertvoller Kunstwerke
ermöglicht. Unter anderen wurde eine Meißner Porzellan-
figur aus dem Jahre 1735 von Johann Joachim Kandier,
eine große Florentiner Holztruhe aus der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts und ein sehr großer und schöner
altgotischer Altarschrein erworben.

VEREINE UND VERSAMMLUNGEN

Darmstadt. Am 20. September soll in Darmstadt die
Generalversammlung des Landesgewerbevereins für das
Herzogtum Hessen stattfinden und mit einer Ausstellung
verbunden werden, an der sich sämtliche Gewerbe-, Kunst-
gewerbe- und Fachschulen und einige Handwerker-Sonn-
tagszeichenschulen des Großherzogtums Hessen beteiligen
werden.

London. Der dritte internationale Kunstkongreß für
die Entwicklung des Zeichnens und des Unterrichtes im
Zeichnen hat Anfang August hier stattgefunden und war
von 2000 Personen besucht. 22 Länder waren durch offizielle
Delegierten vertreten. (Es fiel allgemein auf, daß kein
Regierungsvertreter sich blicken ließ.) Die Tendenz der
meisten Reden ging dahin, das Zeichnen nicht mehr als
Übung und Kunst für sich allein aufzufassen, sondern
zu verlangen, daß auch die anderen Lehrfächer so viel
graphische Fertigkeit voraussetzen müßten, daß sich die
Lehrer und Vortragenden des Zeichnens als eines ergän-
zenden Ausdrucksmittels mit genügender Vollendung be-
dienen könnten. Es wurde gefordert, die Kunstgeschichte
in Verbindung mit der Geschichte zu lehren, weil sie un-
trennbar von der allgemeinen Lebensäußerung der Völker
sei. — Wir glauben, daß manche dieser Forderung in der
allgemeinen Fassung nicht zustimmen werden, denn die
Beschäftigung mit der Kunstgeschichte war bisher das
letzte Gebiet, welches einer späteren freien und freiwilligen
Betätigung vorbehalten war. Ein Hineinziehen der Kunst-
geschichte in den Schulunterricht würde sie der vorurteils-
vollen Form, in der bisher die Geschichte gelehrt wurde,
preisgeben. — Mit dem Kongreß war eine Ausstellung
von Schülerarbeiten aus verschiedenen Ländern verbunden.
Die Abteilung der Amerikaner wurde besonders gelobt. —
In bezug auf die Ausbildung der Zeichenlehrer wurde für
die ländlichen Schulen außer der Seminarbildung ein volles
Jahr für das Studium des Zeichenunterrichtes verlangt.
Die Lehrer der höheren Schulen sollen eine Vorbildung
im Zeichnen besitzen, die dem künftig zu bewältigenden
Lehrstoff entspricht. Die Zeichenlehrer, die ihre Befähigung
durch ernste Examina erwiesen haben, sollen mit den
wissenschaftlichen Lehrern gleichgestellt werden. — Der
nächste Kongreß wird voraussichtlich in München statt-
finden.

Pforzheim. Der Kunstgewerbeverein hatte am 13. Juli
seine von ungefähr 200 Mitgliedern besuchte Generalver-
sammlung unter dem Vorsitz des Direktors A. Waag ab-
gehalten. Den Bericht gab der zweite Vorsitzende
Fabrikant Wilhelm Staffier, der das rege Leben im Verein
schilderte. Er befürwortete den Antrag, den er auch mit
Erfolg auf der letzten Tagung des »Verbandes der Kunst-
gewerbevereine« in Hannover vorgebracht hat, nämlich

den Antrag, die besten Erzeugnisse der kunstgewerblichen
Lehrwerkstätten in Form von Wanderausstellungen den
Verbandsvereinen wechselseitig vorzuführen. Die erste
derartige Ausstellung soll bekanntlich vom Pforzheimer
Verein zusammengestellt werden. Aus der Versammlung
wurde der Antrag gestellt, zu den Preisgerichten der Wett-
bewerbe des Vereins künftig zwei auswärtige Künstler hin-
zuzuziehen. Der Verein hatte bereits vor Jahren diesen
Weg beschritten, doch keinen großen Vorteil darin gesehen.
Es ist jedoch beabsichtigt, in Zukunft immer mehr prak-
tische Fachleute als Preisrichter zu berufen.

Stockholm. Der elfte Kongreß für gewerblichen Rechts-
schutz, der vom 26. bis 30. August in Stockholm tagte,
beschäftigte sich mit dem Patentrecht, ferner mit dem
Musterrecht, mit dem Kunstgewerbeschutz und der inter-
nationalen Mustereintragung, ferner mit dem Warenzeichen-
recht und endlich mit der internationalen Regelung des
Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb.

St. Johann a. d. Saar. Hier tagte im Juli der 18.
Kongreß des Deutschen Vereins für Knabenhandarbeit, der
mit einer interessanten Ausstellung von Knabenhandarbeiten
verbunden war. Der nächste Kongreß wird in Dessau
stattfinden. Man hielt ein stärkeres Vorgehen der staat-
lichen Behörden und Gemeinden in bezug auf die Knaben-
handarbeit für notwendig.

München. Die Union Pronvinciale des Arts De'coratifs
hielt eine Versammlung anläßlich der Ausstellung München
1908 in München ab. Die Teilnehmer wurden von den
Münchener Künstlervereinigungen und den Behörden be-
sonders gefeiert und erklärten, das deutsche Kunstgewerbe
müsse auf dem diesjährigen Herbstsalon in Paris besonders
vertreten sein, wozu die deutschen Künstler und Kunst-
handwerker eingeladen werden sollten. Die Beratungen
drehten sich um die kunstgewerblichen Fachausbildungen,
das Ausstellungswesen, den Schutz des Urheberrechtes usw.

PERSONALIEN

Mit J. M. Olbrich scheidet eine der liebenswürdigsten
und anregendsten Persönlichkeiten aus der deutschen Kunst.
Seine Produktionskraft war ungewöhnlich groß, doch hatte
er sie in der letzten Zeit überspannt, so daß sein Tod
einem schnellen Zusammenbruch gleichkommt. Olbrich
suchte in den letzten Wochen seines so früh beendeten
Lebens Heilung von einem Gallenleiden, vor allem aber
Ruhe in dem Sanatorium »Weißer Hirsch« bei Dresden.
Noch wenige Tage vor seinem Tode schrieb er uns von
dort, wie gut ihm die absolute Ruhe bekäme, -— dann hat
eine schmerzhafte Operation schnell die wenigen ange-
sammelten Kräfte aufgebraucht. — Olbrich war am 12. De-
zember 1867 in Troppau geboren. Er war Schüler
von Otto Wagner, mit dem zusammen er die Wiener
Stadtbahn gebaut hat. Das Wiener Secessionsgebäude
machte ihn plötzlich berühmt. Der Großherzog von Hessen
berief ihn 1901 nach Darmstadt, und es ist bekannt, wie
Olbrich in den sieben Jahren aus dieser Stadt und dem
Lande Hessen ein bedeutendes Zentrum des deutschen
Kunstgewerbes geschaffen hat. In Düsseldorf baute er
bis zuletzt an dem großen Neubau des Warenhauses Tietz,
den er unvollendet zurücklassen mußte. Es ist zu bedauern,
daß Olbrich nicht einmal einen ganz großen monumentalen
Auftrag ausführen durfte; zum Beispiel wäre der Neubau
des Opernhauses in Berlin eine für ihn passende Aufgabe
geworden.

Wir hätten unseren Lesern gern die letzten kunst-
gewerblichen Arbeiten des Künstlers im Bilde vorgeführt.
Leider wird uns dies durch den urheberrechtlichen Rechts-
nachfolger des Künstlers, der angeblich im Besitze einer

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