DER KUNSTMARKT
der künstlerische Gehalt dieser Bilder. Bernt Grönvold hat bei ihrer Zusammenstellung einen vornehm ent-
wickelten künstlerischen Geschmack und einen sicheren Instinkt der Wahl bewiesen. Ihn im richtigen Maße zu
würdigen, muß man wissen, daß diese Bilder gesammelt wurden in einer Zeit, für die ihre Meister nicht nur Ver-
kannte, sondern schlechthin Vergessenes waren. Man möge auch selber einmal gelegentlich beobachten, wie
viel Mittel- und Mindergut der Markt seitdem vorzuweisen pflegt. In seinen Anfängen hat Grönvold wohl nur
in Lichtwark einen Zeitgenossen besessen, der als Kenner und Preund die frühere Malerei des 19. Jahrhunderts
zu schätzen wußte. Erst die Berliner Jahrhundert-Ausstellung von 1906 machte aus dem Sonderling Grönvold,
der seine Liebe an übersehene und verachtete Maler zu verschwenden schien, einen Propheten deutscher Kunst und
einen Deuter besten deutschen Wesens, das in diesen zartfarbigen Gebilden so schlicht und keusch lebt, daß davon
eine seelische Beruhigung und eine gerade heute wohltuende Erfahrung von der Gemütstiefe unseres Volkes ausgeht. Mit
den kindlich großen Offenbarungen deutscher Art, die von Richter und Schwind vermittelt werden, verbinden sich
die Grönvoldmeister zu einem Liede, das wie ein antwortender Gesang dem Märchenbuche der Gebrüder Grimm
entspricht. Es ist fast dieselbe Zeit, die diese Bilder und jene Dichtungen hervorgebracht hat, jene Zeit, in der
ein letztes Mal die deutsche Seele rein erklungen ist.
Man muß diese zarten und feinen Bilder lieben, man kann nicht über sie reden. Sie zerbrechen unter
dem lauten Wort. Sie versagen sich der kritischen Analyse, sie versagen sich vor allem jener geistreich gehand-
habten literarisch-wissenschaftlichen Kombinationstech^ik, die so oft gelehrte Weisheit und künstlerischer Un-
sinn ist. In dieser vielverleumdeten Kaufmannsstadt, die dem Fremden allzuleicht als eine Anhäufung gewerbs-
tüchtiger, aber seelenloser Menschenmaschinen erscheint, gibt es genug Empfängliche für das Echte. Für sie ist
die Grönvoldsammlung bestimmt und geschaffen. Hamburg ist trotz allem noch immer die Stadt der bürger-
lichen Tüchtigkeit nicht nur, sondern auch die Stadt Alfred Lichtwarks, von dem ein reineres Empfinden und
ein gereinigtes Verständnis für künstlerische Werte ausging. Es gibt in Hamburg auch noch Ehrfurcht vor den
Förderern des Allgemeinwohls. Gerade die einseitige und überscharfe Intelligenz dieser Stadt braucht einen
.seelischen Ausgleich. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist die Sammlung Grönvold eine Bestimmung für Ham-
burg, dessen historische und kulturelle Vergangenheit .und gegenwärtige Aufgabe das Ziel aufs innigste zu
wünschen rechtfertigt, das Lebenswerk Bernt Grönvolds als Sachwalters und Treuhänders des deutschen Volkes
dauernd in seinen Mauern zu hüten.
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der künstlerische Gehalt dieser Bilder. Bernt Grönvold hat bei ihrer Zusammenstellung einen vornehm ent-
wickelten künstlerischen Geschmack und einen sicheren Instinkt der Wahl bewiesen. Ihn im richtigen Maße zu
würdigen, muß man wissen, daß diese Bilder gesammelt wurden in einer Zeit, für die ihre Meister nicht nur Ver-
kannte, sondern schlechthin Vergessenes waren. Man möge auch selber einmal gelegentlich beobachten, wie
viel Mittel- und Mindergut der Markt seitdem vorzuweisen pflegt. In seinen Anfängen hat Grönvold wohl nur
in Lichtwark einen Zeitgenossen besessen, der als Kenner und Preund die frühere Malerei des 19. Jahrhunderts
zu schätzen wußte. Erst die Berliner Jahrhundert-Ausstellung von 1906 machte aus dem Sonderling Grönvold,
der seine Liebe an übersehene und verachtete Maler zu verschwenden schien, einen Propheten deutscher Kunst und
einen Deuter besten deutschen Wesens, das in diesen zartfarbigen Gebilden so schlicht und keusch lebt, daß davon
eine seelische Beruhigung und eine gerade heute wohltuende Erfahrung von der Gemütstiefe unseres Volkes ausgeht. Mit
den kindlich großen Offenbarungen deutscher Art, die von Richter und Schwind vermittelt werden, verbinden sich
die Grönvoldmeister zu einem Liede, das wie ein antwortender Gesang dem Märchenbuche der Gebrüder Grimm
entspricht. Es ist fast dieselbe Zeit, die diese Bilder und jene Dichtungen hervorgebracht hat, jene Zeit, in der
ein letztes Mal die deutsche Seele rein erklungen ist.
Man muß diese zarten und feinen Bilder lieben, man kann nicht über sie reden. Sie zerbrechen unter
dem lauten Wort. Sie versagen sich der kritischen Analyse, sie versagen sich vor allem jener geistreich gehand-
habten literarisch-wissenschaftlichen Kombinationstech^ik, die so oft gelehrte Weisheit und künstlerischer Un-
sinn ist. In dieser vielverleumdeten Kaufmannsstadt, die dem Fremden allzuleicht als eine Anhäufung gewerbs-
tüchtiger, aber seelenloser Menschenmaschinen erscheint, gibt es genug Empfängliche für das Echte. Für sie ist
die Grönvoldsammlung bestimmt und geschaffen. Hamburg ist trotz allem noch immer die Stadt der bürger-
lichen Tüchtigkeit nicht nur, sondern auch die Stadt Alfred Lichtwarks, von dem ein reineres Empfinden und
ein gereinigtes Verständnis für künstlerische Werte ausging. Es gibt in Hamburg auch noch Ehrfurcht vor den
Förderern des Allgemeinwohls. Gerade die einseitige und überscharfe Intelligenz dieser Stadt braucht einen
.seelischen Ausgleich. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist die Sammlung Grönvold eine Bestimmung für Ham-
burg, dessen historische und kulturelle Vergangenheit .und gegenwärtige Aufgabe das Ziel aufs innigste zu
wünschen rechtfertigt, das Lebenswerk Bernt Grönvolds als Sachwalters und Treuhänders des deutschen Volkes
dauernd in seinen Mauern zu hüten.
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