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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 13.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.54675#0059

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DER KUNSTMARKT
XIII. Jahrgang 1915/1916 Nr. 12. 17. Dezember 1915

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlan gt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

Dezemb.
Frankfurt a. M. *Phil. Bode. Kunst u. Anti-
quitätenlager d. versterb. Eheleute G. Mögle.
Dezemb.
München. Galerie Helbing. Antiquitäten.
15. u.f.T.
Mitte Dez.
20.-22.
Amsterdam. R. W. P. de Vries. Sammlung
Vincent van Gogh. Teil V: Moderne Radie-
rungen und Lithographien.
16.—18.
Aachen Ant. Creutzer. Smlg. Schulz-Dünhirt
u. a. Kupferstiche, Aquarelle, Kleinkunst.

lieber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.

Peter A. B. Widener f. Am 6. November starb auf
seiner prunkvollen Besitzung Lynnewood, Elkins Park bei
Philadelphia, der ebenso als Fleischer- und Straßenbahn-
könig wie als Kunstsammler berühmte P. A. B. Widener in
fast vollendetem 82. Lebensjahr. Widener stammte von
deutschen Eltern und war ein Kind Philadelphias, an dessen
Aufblühen er keinen geringen Anteil hat. Die Sammlung
Widener zeichnet sich weder durch besonderen Geschmack
noch durch eine besondere Geschmacksrichtung des Samm-
lers aus: Die Widener Collection ist vielmehr das hervor-
ragendste Beispiel einer höchst kostbaren Sammlung eines
höchst protzenhaften amerikanischen Parvenüs. Es war des
alten Widener Stolz, die teuersten Kunstwerke der Welt zu
besitzen. Das Jahr 1914 bedeutete den Höhepunkt seiner
Sammlertätigkeit: er erwarb in diesem Jahr die berühmte
kleine »Cowper (Panshanger) Madonna« von Raffael um
mehr denn zweieinhalb Millionen Mark, fünf Stücke alt-
chinesischen Porzellans um fast eineinviertel Millionen Mark,
ferner eine Porträtbüste in Marmor und den berühmten
Morosinihelm. Bekannt ist ja, daß Rembrandts »Mühle«
um den Preis von zwei Millionen Mark in seinen Besitz über-
ging. Widener hat aber nicht nur für gute, sondern auch für
höchst mittelmäßige Kunstwerke enormePreisegezahlt,sofür
die sehr schlecht erhaltenen Porträts der beiden Damen aus
dem Haus Spilimbergho von Tizian und für zwei Pseudo-
velazquez. Neben den bereits genannten Glanzstücken der
Sammlung Widener seien an hervorragenden Gemälden noch
aufgeführt: A. Cuyp »Aufbruch zur Jagd«, Vermeer »Die
Perlenwägerin«, Frans Hals »Bildnis der Isabella Coymans«,
Greco »Der hl. Martin« und »Madonna mit den Hin. Agnes
und Marina«, Van Dyck »Vier Porträts mit /Mitgliedern der
Familie Cattaneo«, Manet »Der tote Toreador« und einige
ausgezeichnete Werke von Millet, Corot, vor allem aber
von Troyon, der in dieser Sammlung besonders gut ver-
treten ist. a. l.
Der in weiteren Kreisen bekannte Londoner Kunst-
händler Frank T. Sabin, der auch in Amerika zu Hause
war, ist in London gestorben. Mit ihm scheidet eine der
bedeutendsten Persönlichkeiten aus dem englischen Kunst-
handel. Als besonderer Sachverständiger galt er für frühe
englische und amerikanische Drucke, wie überhaupt Ame-
ricana eines der von ihm besonders behandelten Ge-
biete war.
Einer der schönsten Köpfe von der Fassade des Reimser
Domes, der Kopf des Engels," der unter dem Namen »Das
Lächeln von Reims« bekannt ist, sollte angeblich von
einem amerikanischen Sammler erworben worden sein.

Wie der Matin mitteilt, kann es sich nur um eine Fälschung-
handeln, da das Original, das schwer beschädigt sei, sich
in sicherer Verwahrung der französischen Behörde befinde.

Berlin. Eine Ausstellung von Gemälden alter
Meister (Neuerwerbungen) ist diese Woche in den Räumen
der Galerie Henry Weustenberg, Schöneberger Ufer 15. pt.,
Berlin W. eröffnet werden. Besondere Beachtung verdienen
das Porträt eines jungen Mannes von Antonello da Messina
aus der Hainauer Sammlung, eine schöne Landschaft von
Hobbema, ein singender Knabe, Rundbild von Frans Hals,
das Porträt einer Venezianerin, Palma Vecchio zugeschrieben,
erworben aus dem Besitz der Fürstin von Löwenstein, und
eine Ansicht von Ypern, Tuchhalle und St. Mariins-Kathe-
drale von Johannes Bosboom.
NEUE BÜCHER UND KATALOGE FÜR SAMMLER
In der von Professor Hans W. Singer herausgegebenen
Sammlung »Meister der Zeichnung«, die bei der Baum-
gärtnerschen Buchhandlung in Leipzig erscheint und 15 Mk.
der gebundene Band kostet, ist kürzlich einer der viel-
seitigsten modernen Griffelkünstler behandelt worden, näm-
lich Emil Orlik. Die auch hier wieder außerordentlich
geschickt getroffene Auswahl der Zeichnungen umfaßt alle
Gebiete von Orliks weitausgreifender Tätigkeit. Der Künstler
ist überall und in jeder Technik zu Hause. Er zeigt schon als
Jüngling streng individuelle Absichten, die er auch später,
wo er in seinen Lehr- und Wanderjahren Anregungen von
den verschiedensten Seiten in sich aufnimmt, nie verleugnet.
Der kräftige, klare Umriß, die ungebrochenen Farben, alle
möglichen technischen Finessen, die aber nicht als Raf-
finement wirken, zeichnen seine Arbeiten aus. Heute
steht der Fünfundvierzigjährige unbestritten als einer der
ersten modernen Graphiker vor uns. Mit Genuß betrachtet
der Sammler immer wieder seine köstlichen Radierungen
und Lithographien, die, wie beispielsweise die Porträts von
Hermann Bahr und Gerhart Hauptmann, jetzt schon als
klassische Blätter angesprochen werden müssen. So können
wir auch den neuen Band der »Meister der Zeichnung«,
dem hoffentlich bald weitere folgen, mit aufrichtiger Freude
begrüßen. Die Auswahl der Zeichnungen erfolgte unter
Beihilfe des Künstlers selber. Aus dem außerordentlich
großen Bestand wurde das Wichtigste und für die einzelnen
Schaffensperioden Charakteristischste ausgewählt. Aus der
Frühzeit stammt z. B. das noch akademisch anmutende
Bildnis des Vaters. Die japanische Zeit ist besonders
reich vertreten. Das Köstlichste dürften die Bildnisse sein, die
 
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