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Kurth, Ferdinand Max [Contr.]; Reichard, Mea [Contr.]
Das Kunsttheater: Zeitschrift für künstlerische Kultur — 1902

DOI article:
Reichard, Paul: Die Berliner Sezession von 1902
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65889#0088
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grund zum Befud) von Ausftellungen für das Publikum der iſt / ſich
einen 6enuß zu verſchaffen ˖

wohin ſoll es führen / wenn künſtler von der Bedeutung liebermanns
mit Bildern in die Arena treten / wie wir es diesmal ſchen. wir können
uns ſchon mit einigen feiner früheren bilder nicht einverſtanden er-
klãren / die hier ebenfalls zu ſchen waren- Auf ſeinen Bildern ‚Badende
Jungen und ‚Reiter am Strand‘ ſind weder compoſition / noch zeichnung /
noch farbe / ocler gar der getlankliche Inhalt überwältigend und die
Technik iſt eine durchaus ſaloppe- Auf beiden Bildern ſind meer
und waſſer miſerabel wiedergegeben˖ die wellen ſehen wie ſchmutzige
wattepauſchchen auf graugelbem rappdeckel aus. das trifft auch auf
tins von licbermanns diesjahrigen bildern, Am mecre⸗ zu.

Unmöglich aber können wir uns entſchließen / licbermanns Simſon
und delila / den hohen Titel eines kunſtwerkes beizulegen Uiebermann
hat ſich damit auf ein ihm bisher fremdes öebiet begeben- der Stoff,
der bibel entnommen / behandelt die bekannte Legende aus der jüdiſchen
alten ötſchichte. die Philiſterin delila überliſtet Simſon / den feind ihres
Stammes unter darbietung ihrer weiblichkeit, ihn ſeiner locken und
tlamit ſeiner kraft beraubenc. Man kann liebermann den Maler der
nüchternheit nennen; hier hat er ſich aber beſonders in Anſchung der
Auffaſſung des Stoffes ſelbſt übertroffen — oder hat er etwa ein philo-
ſophiſches bild malen wollen: — da man den vorgang unmöglich wahr-
heitsgetreu wiedergeben kann / hat er vielleicht einen simſon und eine
delila gewiſſermaßen ‚an ſich' malen wollen. das Bild wirkt nach jeder
kichtung abſtoßenc / die zeichnung iſt höchſt mittelmäßig / die farbe
kreiclig / haßlich und eintönig; es wird weder die rhantaſie angeregt /
noch wirkt es üramatiſch / ein ganz und gar verfehltes bild / das geradezu
unbetleutench ift-

zur Uennzeichnung des niveaus, auf das man die diesjährige
Sezeffion geſtellt hat müſſen wir hier gleich eine andere Leinwand er-
wähnen / cleren vorhandenſein in der Ausſtellung ſowohl charakteriſtiſch
für clieſelbe iſt / als es auch als eine ſtarke zumutung an die öutmütig-
keit des Publikums angeſehen werden muß- was wir meinen / iſt eine
Leinwand von Carl hagemeiſter / Regenwetter/ betitelt. die in unge-
fahr drei gleiche Teile getrennte fläche zeigt oben und unten weißgraue
färbung / über den mittleren Teil ſcheint ein großer mit grüner farbe
helãttigter Pinfel abgewiſcht zu ſein / groß und deutlich hat Carl hage-
meiſter in eine E&e ſeinen Namen geſetzt. die früheren Sezefionsaus-
ſtellungen machten ſich daclurch ganz befonders vertlient daß ſie ſich
von der Studie fort dem bild zugewandt haben; hier aber müſſen wir
einen Rückſchritt feſtſtellen/ der ſeinen ſtärkſten Ausdruck in dem eben
erwahnten Bild gefunden hat dieſes entfernt ſich ſogar von der

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