die berliner Sczeſſion von 1902-
von Paul Reigard:-
der Abſchcu vor dem lecren Raum füllt
oft die wantlt / und Gemälde, von Gedanken
leer, ſollen das Leere crſetzen ·
winkelmann.
Aus tlem wunſche / die Mißſtände der großen Berliner kunſt-
ausſtellung zu vermeitlen / iſt die Berliner Sezeffion entftanden- die
Räume in der kantſtraße / deren prunktloſe einfachheit nicht vom be-
ſchauen der Runſtwerke abziehen ſollte / hatten Bilder aufgenommen / die
wohl als die beſten Erzeugniffe der Kunft gelten konnten- das akade:
miſche beſchaftsbild wollte die Sezeffion clurchaus fern halten und
Künftler zur öeltung bringen / die in Malerei und Bildhauerei neue /
ungewohnte und ungewöhnliche Ausdrucksmittel ſuchten. nicht die
kichtung / ſondern der künſtleriſche wert ſollte über die Aufnahme des
Kunftwerkes entſcheiden durch eine beſchrankte Anzahl von Biltlern /
überſichtlich aufgehangt / ſollte dem Fublikum der volle öenuß des
dargebotenen ermöglicht und damit zugleich ein einfluß auf den Ge-
ſchmack gewonnen werden-
Unbeclingt iſt anzuerkennen / daß die Sezeffionsausftellungen von
1800 / 1900 und 1901 und die beiden letzten Winterausſtellungen in der
gewollten Richtung vorzügliches geboten und geleiftet haben- Leider ift
mit der diesjährigen Ausſtellung ein Umſchwung zum Schlechten einge-
treten. Nehmen wir die wenigen guten Kunftwerke aus / ſo müſſen wir
fagen, daß die berliner Sezeſſion von 1902 eine der unbedeutendften
Ausſtellungen iſt / die wir geſchen haben. Schwerlich iſt jemals eine
ſolche fülle klaglicher Plattheiten zuſammen gebracht worden- die
veranſtalter ſelbſt ſcheinen ſich der Empfindung nicht haben ver-
ſchließen zu können / vor dem verſuch zu ſtchn / das Unzulangliche zum
kreignis zu machen / denn aus dem vorwort des Katalogs bklingt's
wie entſchuldigung wegen des hier dargebotenen ˖ erſtaunt / geradezu
verblüfft / fragt man ſich / was um des himmels willen / mag die Leiter
tlieſer Ausſtellung zur bereitung einer ſolchen Schreckenskammer ver-
anlaßt haben? sit ſcheinen ganz vergeſſen zu habtn / claß tler haupt-
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von Paul Reigard:-
der Abſchcu vor dem lecren Raum füllt
oft die wantlt / und Gemälde, von Gedanken
leer, ſollen das Leere crſetzen ·
winkelmann.
Aus tlem wunſche / die Mißſtände der großen Berliner kunſt-
ausſtellung zu vermeitlen / iſt die Berliner Sezeffion entftanden- die
Räume in der kantſtraße / deren prunktloſe einfachheit nicht vom be-
ſchauen der Runſtwerke abziehen ſollte / hatten Bilder aufgenommen / die
wohl als die beſten Erzeugniffe der Kunft gelten konnten- das akade:
miſche beſchaftsbild wollte die Sezeffion clurchaus fern halten und
Künftler zur öeltung bringen / die in Malerei und Bildhauerei neue /
ungewohnte und ungewöhnliche Ausdrucksmittel ſuchten. nicht die
kichtung / ſondern der künſtleriſche wert ſollte über die Aufnahme des
Kunftwerkes entſcheiden durch eine beſchrankte Anzahl von Biltlern /
überſichtlich aufgehangt / ſollte dem Fublikum der volle öenuß des
dargebotenen ermöglicht und damit zugleich ein einfluß auf den Ge-
ſchmack gewonnen werden-
Unbeclingt iſt anzuerkennen / daß die Sezeffionsausftellungen von
1800 / 1900 und 1901 und die beiden letzten Winterausſtellungen in der
gewollten Richtung vorzügliches geboten und geleiftet haben- Leider ift
mit der diesjährigen Ausſtellung ein Umſchwung zum Schlechten einge-
treten. Nehmen wir die wenigen guten Kunftwerke aus / ſo müſſen wir
fagen, daß die berliner Sezeſſion von 1902 eine der unbedeutendften
Ausſtellungen iſt / die wir geſchen haben. Schwerlich iſt jemals eine
ſolche fülle klaglicher Plattheiten zuſammen gebracht worden- die
veranſtalter ſelbſt ſcheinen ſich der Empfindung nicht haben ver-
ſchließen zu können / vor dem verſuch zu ſtchn / das Unzulangliche zum
kreignis zu machen / denn aus dem vorwort des Katalogs bklingt's
wie entſchuldigung wegen des hier dargebotenen ˖ erſtaunt / geradezu
verblüfft / fragt man ſich / was um des himmels willen / mag die Leiter
tlieſer Ausſtellung zur bereitung einer ſolchen Schreckenskammer ver-
anlaßt haben? sit ſcheinen ganz vergeſſen zu habtn / claß tler haupt-
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