DOI Artikel:
Reichard, Mea: Licht!
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.65889#0011
Licht?
was iſt eigentlich Kunft-/ — was bedeutet ſie für die Menſchheit? —
Jeder Gebildete legt ſich diefen Begriff anders aus, nur deshalb / weil
er die Kunftzbegreifen möchte; doch ſie laßt ſich nur empfinden- — die
wahre kunſt erweckt Gefühle, nicht Gedanken- — Still und ſchweigſam /
tief im Innerſten ergriffen ſtehen wir vor dem Kunftwerk/ wie vor
einer offenbarung / deſlen / was auf dem 6runde unferer Seele längft
ſchlummerte ˖ wir lauſchten oft diefen innern Stimmen, die uns von
Schönheit und wahrheit ſprachen / von butem und Edelem- Aber die
fäbigkeit clieſem formen zu geben in wort, Ton oder Bild fehlte. Da
kommt ciner / ein bottbegnatleter / ein künſtler, der kann's / und er-
ſchauernc ſehen wir verwirblicht / was wir nur leiſe geahnt.
das logiſche denken / das Erfaſſen und begreifen der Philoſophien
der wiſſenſchaften iſt eine kulturelle errungenſchaft / hingegen iſt das
btfühl / das Empfinden eine elementare Gewalt, eine uns von der Natur
verliehene Gabe; ſomit kann jeder, ohne beſondere vorbildung Kunft-
genuß empfinden. Tolſtoi meint / daß die Kunft eine civiliſatoriſche
Kraft beſitze/ denn ſie vereinige in einem öefühl, wenigſtens auf
eine kurze Spanne eit / die heterogenſten Elemente- dem können wir
vollkommen beiſtimmen / ſobald es, ſich um wirbliche Kunft handelt / um
jene Kunft eben / die man als ſolche empfinden muß. Wie ſtellt ſich
Tolſtoi 3 · B- unſer Mitempfinden bei einem Stück wie „die Macht der
finſternis/ vor; können wir da mitgehen / wir / auf die die gehauften oraule
abſtoßencd wirken / die wir himmelhoch entfernt ſind von dem,Tiermenſchen“
tlen der ruſſiſche bauer leider noch darftellt- Welch ethiſchen zwech/
welchen bewinn hat dicſe Aufführung für uns. Selbſt der ruſfiſche
bauer / vorausgeſetzt / daß er leſen kann oder ins Theater geht / wird
tlurch vorfährung ſeiner fehler / die er ja als ſolche nicht erkennt / nicht
gebellert. Eher könnte dies durch den berſuch gelingen / ihn mit
Beſlerem und Edlerem bekannt zu machen. für uns bedeutet ein cler-
artiges Wühlen im Schmutz / dieſes ſchamloſe enthüllen des bemeinſten
im öemeinen ein herabſteigen — und die Kunft foll keuſch / ſchön und
crhebentcl wirken ·
die pathologiſchen öeſtalten Ibſens / Lokaltijpen jener düftern fjorck-
und waldgegench / die unklaren verworrnen Gedanken Strinclbergs / die
mÿſtiſch /ſocialen Beſtrebungen björnſens, und die Stücke all derer,
welche diefer Schule nachfolgten / können nur von wenigen dekadenten
Menſchen als /kunſtgenuß⸗ empfunden werden- der gefunde Menſchen-
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was iſt eigentlich Kunft-/ — was bedeutet ſie für die Menſchheit? —
Jeder Gebildete legt ſich diefen Begriff anders aus, nur deshalb / weil
er die Kunftzbegreifen möchte; doch ſie laßt ſich nur empfinden- — die
wahre kunſt erweckt Gefühle, nicht Gedanken- — Still und ſchweigſam /
tief im Innerſten ergriffen ſtehen wir vor dem Kunftwerk/ wie vor
einer offenbarung / deſlen / was auf dem 6runde unferer Seele längft
ſchlummerte ˖ wir lauſchten oft diefen innern Stimmen, die uns von
Schönheit und wahrheit ſprachen / von butem und Edelem- Aber die
fäbigkeit clieſem formen zu geben in wort, Ton oder Bild fehlte. Da
kommt ciner / ein bottbegnatleter / ein künſtler, der kann's / und er-
ſchauernc ſehen wir verwirblicht / was wir nur leiſe geahnt.
das logiſche denken / das Erfaſſen und begreifen der Philoſophien
der wiſſenſchaften iſt eine kulturelle errungenſchaft / hingegen iſt das
btfühl / das Empfinden eine elementare Gewalt, eine uns von der Natur
verliehene Gabe; ſomit kann jeder, ohne beſondere vorbildung Kunft-
genuß empfinden. Tolſtoi meint / daß die Kunft eine civiliſatoriſche
Kraft beſitze/ denn ſie vereinige in einem öefühl, wenigſtens auf
eine kurze Spanne eit / die heterogenſten Elemente- dem können wir
vollkommen beiſtimmen / ſobald es, ſich um wirbliche Kunft handelt / um
jene Kunft eben / die man als ſolche empfinden muß. Wie ſtellt ſich
Tolſtoi 3 · B- unſer Mitempfinden bei einem Stück wie „die Macht der
finſternis/ vor; können wir da mitgehen / wir / auf die die gehauften oraule
abſtoßencd wirken / die wir himmelhoch entfernt ſind von dem,Tiermenſchen“
tlen der ruſſiſche bauer leider noch darftellt- Welch ethiſchen zwech/
welchen bewinn hat dicſe Aufführung für uns. Selbſt der ruſfiſche
bauer / vorausgeſetzt / daß er leſen kann oder ins Theater geht / wird
tlurch vorfährung ſeiner fehler / die er ja als ſolche nicht erkennt / nicht
gebellert. Eher könnte dies durch den berſuch gelingen / ihn mit
Beſlerem und Edlerem bekannt zu machen. für uns bedeutet ein cler-
artiges Wühlen im Schmutz / dieſes ſchamloſe enthüllen des bemeinſten
im öemeinen ein herabſteigen — und die Kunft foll keuſch / ſchön und
crhebentcl wirken ·
die pathologiſchen öeſtalten Ibſens / Lokaltijpen jener düftern fjorck-
und waldgegench / die unklaren verworrnen Gedanken Strinclbergs / die
mÿſtiſch /ſocialen Beſtrebungen björnſens, und die Stücke all derer,
welche diefer Schule nachfolgten / können nur von wenigen dekadenten
Menſchen als /kunſtgenuß⸗ empfunden werden- der gefunde Menſchen-
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