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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Septemberheft
DOI Artikel:
Schmitz, Hermann: Der Hausbuchmeister im Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0033

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die Haare, die Gräser und die feinen Rankenlinien im
schwarzen Grunde sind mit der Nadel herausgeritzt.
Silbergelb ist reichlich und das für diese frühe Zeit un-
gewöhnliche Eisenrot sparsam verwendet. Die Zwickel
und Ränder sind aus farbigen Hüttengläsern, darunter
vorwiegend ein dunkles Stahlblau, ein lederfarbenes Gelb
und ein intensives Violett, seltener Rot. In den Zwickeln
sind Maßwerkmuster und auf den Rändern meist ein
spätgotischer gewundener Aststab aus dem schwarzen
Oberzug gewischt. Der enge Zusammenhang der figür-
lichen Darstellungen mit den Hausbuchzeichnungen springt
in die Augen. Aus der gleichen Zeit und Glasmaler-
werkstatt stammen offenbar die um 1482 entstandenen
vier runden Wappenscheiben aus dem Kloster Alpirsbach
im Schwarzwald, deren Entwurf von Leo Balet mit Recht
auf den Hausbuchmeister zurückgeführt worden ist.3)
(Abb. 3.) Sie enthalten die Wappen des Grafen Eber-
hard von Württemberg, der seit 1457 regierte und übrigens
zu dem Kreise des Meisters E. S., des Lehrers unseres
Meisters, Fühlung hatte — des Grafen Melchior von
Schauenburg, des Hans von Reckenbach' und des
Alpirsbacher Abtes Hieronymus Hultzing. Die Ränder
aus ledergelbem Glase, die stahlblauen und violetten
Gläser, die feine Radierung stimmen mit den eben-
genannten Minne- und Turnierscheiben überein. An
den beiden blondlockigen Engeln, die das Hultzing-
wappen halten, ist der geistreiche nervöse Strich des
Hausbuchmeisters selbst unverkennbar, während die härter
gezeichneten Vierpaßscheibchen, wie gesagt, nur den

3) Vgl. Leo Balet, Schwäbische Glasmalerei, Stuttgart und
Leipzig 1912. Farbentafel.

Abb. 7. Bruchstück einer Kirchenscheibe um 1500.
Hanau, Marienkirche.

m, M






Abb. 6. Stiftsscheibe Ostein Plieningen 1499.

Nürnberg, German. Museum.

Stil der Werkstatt wie etwa die Hausbuchzeichnungen
mit Ausnahme der Planetenbilder, wiedergeben. Für die
Herkunftbestimmung der Hausbuchmeisterkunst aus dem
schwäbisch-oberrheinischen Kreise ist es nun von Belang,
daß sich auch die nach seinen Entwürfen gefertigten
Rund- und Vierpaßscheiben ihrer glasmalerischen Eigen-
art nach aus der oberrheinisch-schwäbischen Tradition
herleiten lassen. Die wichtigsten Bindeglieder sind neun
Rundscheiben mit Darstellungen aus dem Leben Christi
im Schloß in Erbach im Odenwald, die die gleichen
feurigen Gläser, dieselben Aststabränder und dieselbe
kraftvolle malerisch-plastische Stupftechnik nebst der
vollendeten Radierarbeit aufweisen. Diese Folge, die die
vollkommenste Schöpfung unter den oberdeutschen Rund-
scheiben schlechthin darstellt, ist nun unstreitig in der
Werkstatt des Hans Wild enstanden, des fruchtbarsten
und besten Glasmalers der rheinschwäbischen Gebiete.
Hans Wild, dessen Werk zuerst von Frankl zusammen-
gestellt wurde, hat seit dem Ende der 60er Jahre des
15. Jahrhunderts im Elsaß und in Schwaben eine un-
gemeine Tätigkeit auf dem Gebiete der kirchlichen Glas-
malerei entfaltet; er hat in den 80er Jahren seine Scheiben
bis nach Nürnberg und Salzburg ostwärts und bis nach
Langenburg (Brandenburger Fenster von 1499) und Fried-
berg in Hessen nordwärts ausgedehnt. Eine Haupteigen-
tümlichkeit seiner aus feurigen Hüttengläsern zusammen-
gesetzten Glasgemälde ist die Damastmusterung der meist

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