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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

DOI Heft:
2. Septemberheft
DOI Artikel:
Schmitz, Hermann: Der Hausbuchmeister im Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0032

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Abb. 5. Dreipaßscheibe mit Petrus Brun 1499.

Zabern, Pfarrkirche.

ganze Kunsthandwerk durchdringt; von hier verbreitet
er sich in das einfachste Gerät des täglichen Gebrauchs,
und es entsteht die wunderbare Stileinheit, die in unseren
Augen als Vorzug dieses Zeitalters erscheint. Es ist da-
her eine wichtige Aufgabe der Forschung, umgekehrt
unter den kunstgewerblichen Erzeugnissen solche zu
finden, an denen sich die Mitarbeit der großen Künstler
nachweisen läßt. Die nachfolgenden Zeilen sollen den
Spuren des in den letzten Jahren zu immer höheren Ehren
gelangten Hausbuchmeisters im Kunstgewerbe
nachgehen.

Dieser seit dem Beginn der 80er Jahre des 15. Jahr-
hunderts bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts am
Mittelrhein, vornehmlich in Mainz tätige Maler, der
seinen Namen nach dem im Schloß Wolfegg in Süd-
schwaben befindlichen „mittelalterlichen Hausbuch“ führt,
hat namentlich eine rege Tätigkeit für die G las mal e-
r e i entfaltet. 2) Seinen Stil zeigen zunächst eine Anzahl
kleiner Kabinettscheiben, meist Rund- oder Vierpaß-
scheiben. Sie lassen sich fast ohne weiteres auch

2) Das Material über den Hausbuchmeister ist in übersicht-
licher Weise zusammengestellt worden von Helmuth Th. Bossert
und Willy F. Storck in: „Das mittelalterliche Hausbuch nach dem
Original, im Besitze des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-Waldsee
im Aufträge des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft Leipzig
19*2. — Die Tätigkeit des Meisters für die Glasmalerei ist zu-
sammenfassend behandelt in dem Textbande des Werkes: Die
Glasgemälde des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin. Mit
einer Einführung in die Geschichte der deutschen Glasmalerei
von Hermann Schmitz, Berlin 1913.

für das Auge des Fernerstehenden mit den Hausbuch-
zeichnungen und den Kupferstichen des Künstlers in
stilistischen Zusammenhang bringen. Zudem haben sich
unter den seltenen Handzeichnungen des Hausbuch-
meisters allein sieben Vorzeichnungen für derartige
Scheiben gefunden. Darunter sind vier eigenhändige:
ein Flügel einer Vierpaßscheibe mit der Prinzessin Kleode-
linde, eine Wappenscheibe mit König und Königin und
eine Rundscheibe mit König und Page im Dresdener
Kupferstichkabinett, eine Rundscheibe mit der Anbetung
der hl. drei Könige in der Handzeichnungssammlung der
Veste Koburg. Zwei Gesellenzeichnungen zu recht-
eckigen Wappenscheiben mit Mädchen und geharnischtem
Ritter sind in den Kabinetten von Wien und Karlsruhe.
Endlich hat das Berliner Kupferstichkabinett im Jahre
1913 eine Werkstattzeichnung, den Riß zu einer Vier-
paßscheibe aus der Sammlung des Prof. Becker in
Leipzig erworben, (Abb. 1.) zu der sich die ausgeführte
Scheibe im Berliner Kunstgewerbemuseum, der an
deutschen Kabinettscheiben reichsten Sammlung, befindet.
(Abb. 2.) Dargestellt ist auf der Zeichnung: ein Jüngling
mit einem Mädchen zu Pferde; ein Reiter in einer Land-
schaft mit einer Burg in der Ferne; ein Mädchen mit
einem Narren, der Jüngling kommt aus dem Hintergründe;
der Jüngling und das Mädchen an einem Brunnen hin-
gelagert. Die Scheibe, die, wie der Vergleich der Ab-
bildungen zeigt, mit geringen Abänderungen nach der
Zeichnung ausgeführt ist, gehört zu einer Folge von
im ganzen sechs Vierpaßscheiben mit Minne- und Turnier-
darstellungen, deren vier das Kunstgewerbemuseum,
(Schmitz, Glasgemälde II, T. 30 u. 31.) zwei aus der
Sammlung Zschille in Großenhain das Metropolitanmuseum
in New York besitzt, (a. a. O. I. Abb. 171 u. 245 a.)
Die Scheiben des Kunstgewerbemuseums haben ein er-
neuertes Wappen, während die New Yorker Stücke den
Doppeladler mit dem österreichischen Bindenschild ent-
halten. Vier der Scheiben, darunter namentlich die
drei des Kunstgewerbemuseums, sind durch die feine
Maltechnik als Arbeiten einer Hand gekennzeichnet.
In den Vierpässen ist das Schwarzlot von zartem grauen
Ton mit dem Pinsel aufgestupft, ein Teil der Lichter,

Abb. 4. Flügel einer Vierpaßscheibe
vom Hausbuchmeister.

Frankfurt a. M., Histor. Museum.

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