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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Septemberheft
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Schmitz, Hermann: Der Hausbuchmeister im Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0034

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blauen oder roten Hintergründe, wie sie ja z. B. auch
die Hultzingscheibe aus Alpirsbach und selbst die später
zu nennenden Kirchenscheiben nach Entwürfen des Haus-
buchmeisters aufweisen. Ein enger Zusammenhang muh
also hier bestanden haben.

Setzen wir unsere Umschau unter den oberdeutschen
Kabinettscheiben fort, so treten uns weiter im historischen
Museum der Stadt Frankfurt einige aus der alten Stadt-
bibliothek stammende Stücke nach Zeichnungen des
Hausbuchmeisters entgegen. Das sind die kleinen
Wappenscheiben des Jacob Heller und der Katharina
von Meiern sowie der Blume und Heller mit einem
Engel und namentlich der Flügel einer Vierpaßscheibe,
ein Jüngling und ein Mädchen am Boden lagernd neben
einem Nelkentopf. (Abb. 4.) Das letztere Stück gibt
den feinen geistreich-losen Strich des Meisters, besonders
in den Haaren, mit solcher Treue wieder, daß man ver-
sucht ist, wie bei den Alpirsbacher Engeln an eine eigen-
händige Ausführung auf dem Glase zu denken, ln der
Tat ist ja die Technik des Herausholens der Lichter aus
dem Schwarzlotüberzug mit der Radierung auf Kupfer,
die der Künstler so meisterlich geübt hat, nahe verwandt.
Wichtig sind diese Scheibchen auch, weil Beziehungen
des Hausbuchmeisters zu Frankfurt um 1491 nachgewiesen
sind. Diesen Arbeiten seien hier noch angeschlossen
die Dreipaßscheibe mit dem Stifter Petrus Brun aus der
Pfarrkirche in Zabern, von 1499, die Bruck zuerst ver-
öffentlicht hat, (Abb. 5) mit ausgezeichneter Radierung,
eine Vierpaßscheibe mit der Anbetung der Hirten im
bayrischen Nationalmuseum, eine kleine Rundscheibe mit
einem Engel im Besitz des Generals von Heyl in Darm-
stadt usw. Von größerem Format und bedeutender sind
endlich die Rundscheibe mit zwei geharnischten Rittern
und dem österreichischen Wappen vor glühendrotem
dicht geranktem Grunde, (Schmitz a. a. 0. I., Abb. 189)
auch dem Dom in Gelnhausen über die Sammlung des
Schlosses Mainberg in die Sammlung von Hollitscher
in Berlin gelangt (37 cm), und die Rundscheibe eines
Knappen mit zwei unbekannten Wappen im Chor der
Marienkirche in Hanau, die nach der Tracht und dem
gelockerten Stil bereits auf die Spätzeit des Meisters,
um 1500, deutet. Zu Gelnhausen wie zu Hanau sind Be-
ziehungen der Werkstatt des Hausbuchmeisters festge-
stellt worden.

Auch unter den kirchlichen Glasgemälden haben sich
solche nach Entwürfen des Hausbuchmeisters nachweisen
lassen. Das germanische Museum besitzt ein 1499 da-
tiertes rechteckiges Feld, einen Kanonikus aus dem
schwäbischen Geschlecht der Plieningen und einen Edel-
knaben aus dem Mainzer Geschlecht der Ostein im

Gebet darstellend, das in der feinen Radiertechnik, z. B.
in den Gräsern, den Haaren, auch in den Kreisen der
Wappengründe und dem sparsam aufgesetzten blassen
Eisenrot unmittelbar mit der Gruppe der kleinen
Scheiben zusammengeht. (Abb. 6.) Der blondlockige
Jüngling erinnert lebhaft an die Typen des Hausbuch-
meisters. Vergleicht man ihn beiläufig mit dem Jugend-
bildnis Dürers, so erkennt man die schon öfters nach-
gewiesene Berührung des jungen Dürer mit den Kreisen
unseres rheinischen Meisters. Auch durch den Umstand,
daß die zuerst angeführten Vierpaßscheiben mit Turnier-
und Minneszenen um 1490 von Nürnberger Meistern des
Wolgemutkreises und um 1505 von Gesellen aus dem
Dürerkreise wiederholt worden sind — einige Stücke der
Art besitzt das Berliner Kunstgewerbemuseum — (Schmitz
a. a. 0. II, T. 40 u. 41) wird diese Beziehung bekräftigt.

Ferner gehen unstreitig auf Entwürfe des Hausbuch-
meisters zurück der Oberteil der Standfigur eines jugend-
lichen Fahnenträgers mit dem üblichen Reiherstutz im
offenen Haar, der sich als Überrest eines größeren Zyklus
im Chor der Hanauer Marienkirche befindet (Abb. 7)
und zwei Felder mit knieenden Stiftern in der Kapelle
des Heylschen Schlosses Herrnsheim bei Worms. Die
letzteren, ein Kanonikus und ein Ritter mit Kapuze
(Schmitz a. a. 0. Abb. 197) — die Wappen, auch das Dal-
bergwappen des letzteren, sind ergänzt — haben beson-
ders starke Verwandtschaft mit den Typen des bedeu-
tendsten Tafelgemäldes des Hausbuchmeisters, des
Flügelaltares mit der Kreuzigung aus dem Dom zu Speier,
jetzt im Freiburger Museum. Die Schriftbänder kommen
ähnlich auf dem Gothaer Liebespaar vor. Die Kreuzi-
gung wird an den Anfang der mittelrheinischen Tätig-
keit des Künstlers gesetzt, um 1482/83, da er für die
Offizin von Peter Drach in Speier den Spiegel mensch-
licher Behältnis und den Kalender für 1483 zeichnete.
Das Gothaer Liebespaar, vielleicht einen Hanauer Grafen
darstellend, gehört vermutlich dem Ende seiner Tätigkeit
an, um 1505, in welchem Jahre in seiner Werkstatt die
Gemälde des Mainzer Marienlebens entstanden. Zum
Schluß ist noch auf das ebenfalls im Chor der Hanauer
Marienkirche befindliche Glasgemälde mit der Pieta hin-
zuweisen, das den Frühstil des Grünewald verrät und einen
Beleg für die schon mehrfach betonten Zusammenhänge des
Aschaffenburger Meisters mit dem Spätstil des Hausbuch-
meisters bildet.

Aber noch für eine andere damals am Ober- und
Mittelrhein in Blüte stehende Kunstgattung hat der Haus-
buchmeister wenigstens in der letzten Epoche seines
Lebens Entwürfe geliefert, nämlich für die Bildwirkerei.

(Schluß folgt).

Barthel Beham, zwei
Knäblein mit einem
Hunde spielend.

Katalog 112,

C. G. Boerner, Leipzig.

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