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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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2. Dezemberheft
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Schmitz, Hermann: Deutsche Lackmalereien der Biedermeierzeit, [2]: die Manufaktur von Stobwasser in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0165

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Fabrik Epoche gemacht (Abb. 12). Die runden aus Holz
oder Papiermache gedrehten Dosen, meist schwarz lackiert,
sind auf den Deckeln bemalt mit Landschaften, Genre-
bildern, mit Bauernszenen nach alten Holländern, mit
mythologischen Bildern nach italienischen Gemälden des
16. bis 18. Jahrh., mit Szenen aus den napoleonischen
und Freiheitskriegen, mit Bildnissen und Stadtansichten,
namentlich von Berlin. Der ganze Gedankenkreis des
deutschen Bürgertums der Biedermeierzeit entwickelt sich
darauf. Häufig sind die besseren Stücke auf der Innen-
seite des Deckels mit der Firma „Stobwasser in Berlin“
und einer Lagernummer in roter Kursivschrift bezeichnet.
In der Qualität wechseln die Arbeiten außerordentlich.
Sie wurden, wie oben ersichtlich, in verschieden teueren
Ausführungen fabriziert. Über die Technik der Lack-
malerei, wie sie das Haus Stobwasser pflegte, können
wir uns hier nicht verbreiten. Ihre Güte verdanken sie
vornehmlich dem Überzug mit mehrfachen Lackschichten,
die jedesmal vor Auftrag der folgenden Schicht sorgfältig
trockneten und glatt geschliffen wurden. Der Bernstein-
lack, wie ihn Christian Heinrich Stobwasser auf dem
abgebildeten Ölgemälde eben bereitet (Abb. 13) galt als
Arkanum des Hauses. Ein besonders verbreiteter und
beliebter Artikel des Stobwasserschen Hauses waren auch
die bemalten Tabletts (Abb. 12) Sie sind meist von
ovaler Form und bemalt mit figürlichen Bildern nach
englischen Stichen, nach deutschen und altholländischen
Gemälden usw. Vorzüglich beliebt waren die großen
Eichengruppen des aus Braunschweig stammenden Malers
Weitsch. Allerdings sind solche Tabletts auch anderwärts,
so namentlich am Rhein, hergestellt worden. In der Cob-
lenzer Gegend scheint z. B. eine Fabrik der Art gewesen
zu sein, die ihre Tabletts mit Rheinlandlandschaften
schmückte; meist sind diese rheinischen Lackmalereien
von besserer Farbenhaltung als die oft nachgedunkelten
Stobwasserschen Tabletts.

Die Stobwassersche Fabrik lag während der ganzen
Zeit ihres Bestehens in der Wilhelmstraße (Abb. 14);

das Verkaufsmagazin war Unter den Linden Nr. 32. Zur
Zeit ihres höchsten Flors hatte sie außer den Werkstätten
und Öfen für die eigentliche Lackierarbeit solche für
Klempnerei, für Platierarbeit in Kupfer, für Zinngießerei,
für Dreherei, Tischlerei und Papparbeit, wie für Gürtler-
und Bronzearbeiten. Sie griff also in eine ganze Reihe
von Gewerben ein und trug zu deren Verbesserung bei.
Der Chef des Hauses, Christian Heinrich Stobwasser,
starb im Jahre 1849.

Der Verfall der Lackierarbeit als Kunst setzt wie der
so vieler anderer Gewerbe der Biedermeierzeit gewisser-
maßen mit den Revolutionsjahren 1848/49 ein, die ja
überhaupt das Ende der Biedermeierepoche darstellen.
Bereits nach den Freiheitskriegen und in den 20er Jahren
waren dem Stobwasserschen Hause eine Reihe von Kon-
kurrenten in Berlin erstanden, die Lackieranstalten des
jüngeren Chevalier, von Andreas Goepp, von Seybel,
Wagenmann & Comp.; von J. Chr. Herold, Gebrüder
Müller und von Eiliesen; nicht zu gedenken der Wagen-
lackieranstalten, die ja gerade damals in Berlin und Wien
in dem Überzug von Postkutschen und Chaisen aller Art
Glänzendes leisteten.

Allein im Laufe der Zeit beeinträchtigten die vielfach
minderwertigen Waren dieser kleineren Fabriken den hohen
Ruf der Berliner Lackierkunst, der durch das Haus Stob-
wasser errungen war. Und auch heute geht natürlich vieles
unter dem Namen Stobwasser, was damit nichts zu tun hat.

Eine kleine aber erlesene Sammlung von Stobwasser-
Arbeiten besitzt noch Herr Generalkonsul und Fabrikant
Hermann Stobwasser in Berlin, so einen Tisch mit
Blumenmalerei, mehrere vorzügliche Tabletts mit Papa-
geien und Blumen auf schwarzem Grunde um 1830 und
eine Anzahl von Dosen, darunter solche mit Bildnissen
der Familie Stobwasser.

Diese kurzen Notizen zur Geschichte der Berliner
Lackierkunst schließt der Verfasser mit der Bitte um
Nachrichten über Arbeiten der Stobwasserfabrik, nament-
lich über Möbel und bezeichnete Stücke.

Die Stobwassersche Fabrik in Berlin in der Wilhelmstraße
von Kretzschmer.

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