Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 1.1919/20
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https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0164
DOI Heft:
2. Dezemberheft
DOI Artikel:Schmitz, Hermann: Deutsche Lackmalereien der Biedermeierzeit, [2]: die Manufaktur von Stobwasser in Berlin
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gefertigt. Er zeigt zwei Türen mit lackgemalten Land-
schaften. In der landläufigen Meinung galt dieses
Meisterwerk der Berliner Tischlerkunst geradezu für ein
Erzeugnis der Stobwasserfabrik; erst durch die Aus-
stellung ist Klarheit darüber geschaffen worden, daß eben
nicht solche von Kunsttischlern geschaffenen Politur-
möbel — für die Stobwasser bloß die lackgemalten Ein-
sätze lieferte — sondern nur die vorhergenannten ganz
Abb. 5.
Vase aus dem
Musterbuch von
Stobwasser.
Abb. 7.
Kasten aus dem Musterbuch
von Stobwasser.
bemalten Möbel im eigentlichen Sinne als „Stob-
wasser-Möbel“ bezeichnet werden können.
Noch eine weitere Gruppe von Erzeugnissen der
Berliner Stobwasserfabrik, die zahlreich in altem Berliner
und Potsdamer Familienbesitz und im Handel Vor-
kommen, wurde anläßlich unserer kleinen Ausstellung
wieder lebendig. Das Geschirr und Gerät aus
farbig lackiertem Kupferblech, Zinn, Papier-
mache usw. Das genannte Musterbuch der Fabrik
bot eine reiche Fülle von sorgfältig und maßstäblich
gezeichneten und farbig getuschten Vorlagen für aus-
zuführende Proben der Art dar, ähnlich wie sie uns
manche Musterbücher von Porzellanfabriken der Zeit für
Geschirr vorführen (Abb. 5ff ). Es erscheinen Zeichnungen
für Federschalen, Brotkästen, Brotschiffchen, Dosen,
Tintenfässer, Leuchter, Räucher- und Ziervasen, Näh-
körbe, Uhrgehäuse, Teekessel, Samovare, Tabletts, ein
Kohlenfeuerstübchen: kurzum allerlei Gerät und Haus-
rat, wie wir noch bei unseren Großmüttern gesehen
haben. Die Formen sind durchgehends glatt, leicht ge-
schwungen, von den behaglichen gebogenen Umrissen
des norddeutschen Biedermeierstils. Nur in den Vasen-
und Leuchterformen von ovalem Körperbau ist das Nach-
wirken der englischen Silber- und Wedgwoodgefäße er-
kennbar, die ja für das norddeutsche Steingut-, Silber-
und Zinngußgeschirr um 1800 vorbildlich waren. Der
Lacküberzug der ausgeführten Stücke (Abb. 10) ist meist
Ziegellackrot, daneben kommen blaue, dunkelgrüne,
violette und schwarze Lacke vor; bei reicheren Stücken
treten Goldverzierungen — Lorbeerblätter, Akanthus-
ranken — hinzu. Auch figürliche Arbeiten, weibliche
Genien und dergleichen als Leuchter- und Schalenträger,
sind hergestellt worden, schwärzlich lackiert und nach
Wedgwood- oder Berliner Gußeisenmodellen kopiert,
meist von geringer Qualität. Wie umfassend die Tätig-
keit der Stobwassermanufaktur auf diesem Gebiete war,
geht aus einem um 1820 gedruckten Preisverzeichnis
hervor, worin folgende Gegenstände aufgezählt werden:
Altar-Leuchter, Arabesken-Armleuchter, Arbeitskörbe,
Briefdrucker, Blumentöpfe, Blumenvasen, Blumen-
körbe, Eierbecher, Fruchtkörbe, Flaschenteller,
Flascheneimer, Feuerzeuge, Fidibusbecher, Gläser-
teller, Gießkannen für Zimmerblumenglocken, Tisch-
glocken, Gartenleuchter, Globus-Tabaks-Vasen,
Handleuchter, Herkulanische Räucher-Lampen, Kaffe-
Maschinen, Kaffeebretter, Kanasterteller, Kaffeewärmer
(rechauds), Kaffeekannen; Lampen: Astral-Lampen
nach Rumfords Erfindung mit zirkelförmigem Öl-
behältnis und Säulenfuß und einem Schirm, Studier-
lampen mit einem Zylinderglas und Florrahmen,
Nachtlampen; Leuchter: Hamiltonleuchter, Schiebe-
leuchter, Klavierleuchter, Caryatidenleuchter, Licht-
endensparer, Lichtdämpfer, Lichtschirme mit transpa-
renten Gemälden; Lichtscheerteller (porte mouchettes),
Messerbänkchen, Mehlspeisenränder, Markenkästchen,
Messer- und Geldkörbe, Nähe-Kästchen, Nadelbüchsen,
Präsentierteller, Pfeifenhalter, Pennale, Platmenagen,
Rauchtabaksdosen, Räucherlampen, Räucherpfännchen,
Schnupftabaksdosen (nach der Feinheit der Malerei
von 24 Thaler bis 120Thaler das Dutzend), Spuck-
näpfe, Schreibzeuge, Spielteller, Salzfässer, Seifen-
kugelbüchsen, Strickscheiden und Pistolets, Stangen-
Schirmleuchter, Spül-Kumpen, Tabaksvasen, Tee-
kasten, Teekessel, Tee-Maschinen von Kupfer und
feinem englischen Zinn, Teebüchsen, Tee-Comforts,
Teekannen, Tellerwärmer, Tassen von englischem
Zinn; Taschen-Laternen, Toilettkasten, Waschbecken,
Wachsstockbüchsen, Zuckerkästchen, Zuckerdosen,
Zuckerkörbe, -Schalen und -Zangen, Zigarobüchsen,
Zwirnwickel, Zahnstocherhalter.
Abb. 8.
Federschale aus dem Musterbuch von Stobwasser.
Abb. 9.
Federschale aus dem Musterbuch von Stobwasser.
Aus diesem Verzeichnis leuchtet übrigens ein, welche
bedeutsame Stellung diese Fabrik im Kunst- und Kultur-
leben ihrer Zeit einnahm, welchen Einfluß der Fabrikant
auf den Geschmack und selbst auf den Geist der Zeit
gewinnen mußte. Mehr noch als das Hausgerät haben
aber die Schnupftabaksdosen der Stobwasserschen
160
schaften. In der landläufigen Meinung galt dieses
Meisterwerk der Berliner Tischlerkunst geradezu für ein
Erzeugnis der Stobwasserfabrik; erst durch die Aus-
stellung ist Klarheit darüber geschaffen worden, daß eben
nicht solche von Kunsttischlern geschaffenen Politur-
möbel — für die Stobwasser bloß die lackgemalten Ein-
sätze lieferte — sondern nur die vorhergenannten ganz
Abb. 5.
Vase aus dem
Musterbuch von
Stobwasser.
Abb. 7.
Kasten aus dem Musterbuch
von Stobwasser.
bemalten Möbel im eigentlichen Sinne als „Stob-
wasser-Möbel“ bezeichnet werden können.
Noch eine weitere Gruppe von Erzeugnissen der
Berliner Stobwasserfabrik, die zahlreich in altem Berliner
und Potsdamer Familienbesitz und im Handel Vor-
kommen, wurde anläßlich unserer kleinen Ausstellung
wieder lebendig. Das Geschirr und Gerät aus
farbig lackiertem Kupferblech, Zinn, Papier-
mache usw. Das genannte Musterbuch der Fabrik
bot eine reiche Fülle von sorgfältig und maßstäblich
gezeichneten und farbig getuschten Vorlagen für aus-
zuführende Proben der Art dar, ähnlich wie sie uns
manche Musterbücher von Porzellanfabriken der Zeit für
Geschirr vorführen (Abb. 5ff ). Es erscheinen Zeichnungen
für Federschalen, Brotkästen, Brotschiffchen, Dosen,
Tintenfässer, Leuchter, Räucher- und Ziervasen, Näh-
körbe, Uhrgehäuse, Teekessel, Samovare, Tabletts, ein
Kohlenfeuerstübchen: kurzum allerlei Gerät und Haus-
rat, wie wir noch bei unseren Großmüttern gesehen
haben. Die Formen sind durchgehends glatt, leicht ge-
schwungen, von den behaglichen gebogenen Umrissen
des norddeutschen Biedermeierstils. Nur in den Vasen-
und Leuchterformen von ovalem Körperbau ist das Nach-
wirken der englischen Silber- und Wedgwoodgefäße er-
kennbar, die ja für das norddeutsche Steingut-, Silber-
und Zinngußgeschirr um 1800 vorbildlich waren. Der
Lacküberzug der ausgeführten Stücke (Abb. 10) ist meist
Ziegellackrot, daneben kommen blaue, dunkelgrüne,
violette und schwarze Lacke vor; bei reicheren Stücken
treten Goldverzierungen — Lorbeerblätter, Akanthus-
ranken — hinzu. Auch figürliche Arbeiten, weibliche
Genien und dergleichen als Leuchter- und Schalenträger,
sind hergestellt worden, schwärzlich lackiert und nach
Wedgwood- oder Berliner Gußeisenmodellen kopiert,
meist von geringer Qualität. Wie umfassend die Tätig-
keit der Stobwassermanufaktur auf diesem Gebiete war,
geht aus einem um 1820 gedruckten Preisverzeichnis
hervor, worin folgende Gegenstände aufgezählt werden:
Altar-Leuchter, Arabesken-Armleuchter, Arbeitskörbe,
Briefdrucker, Blumentöpfe, Blumenvasen, Blumen-
körbe, Eierbecher, Fruchtkörbe, Flaschenteller,
Flascheneimer, Feuerzeuge, Fidibusbecher, Gläser-
teller, Gießkannen für Zimmerblumenglocken, Tisch-
glocken, Gartenleuchter, Globus-Tabaks-Vasen,
Handleuchter, Herkulanische Räucher-Lampen, Kaffe-
Maschinen, Kaffeebretter, Kanasterteller, Kaffeewärmer
(rechauds), Kaffeekannen; Lampen: Astral-Lampen
nach Rumfords Erfindung mit zirkelförmigem Öl-
behältnis und Säulenfuß und einem Schirm, Studier-
lampen mit einem Zylinderglas und Florrahmen,
Nachtlampen; Leuchter: Hamiltonleuchter, Schiebe-
leuchter, Klavierleuchter, Caryatidenleuchter, Licht-
endensparer, Lichtdämpfer, Lichtschirme mit transpa-
renten Gemälden; Lichtscheerteller (porte mouchettes),
Messerbänkchen, Mehlspeisenränder, Markenkästchen,
Messer- und Geldkörbe, Nähe-Kästchen, Nadelbüchsen,
Präsentierteller, Pfeifenhalter, Pennale, Platmenagen,
Rauchtabaksdosen, Räucherlampen, Räucherpfännchen,
Schnupftabaksdosen (nach der Feinheit der Malerei
von 24 Thaler bis 120Thaler das Dutzend), Spuck-
näpfe, Schreibzeuge, Spielteller, Salzfässer, Seifen-
kugelbüchsen, Strickscheiden und Pistolets, Stangen-
Schirmleuchter, Spül-Kumpen, Tabaksvasen, Tee-
kasten, Teekessel, Tee-Maschinen von Kupfer und
feinem englischen Zinn, Teebüchsen, Tee-Comforts,
Teekannen, Tellerwärmer, Tassen von englischem
Zinn; Taschen-Laternen, Toilettkasten, Waschbecken,
Wachsstockbüchsen, Zuckerkästchen, Zuckerdosen,
Zuckerkörbe, -Schalen und -Zangen, Zigarobüchsen,
Zwirnwickel, Zahnstocherhalter.
Abb. 8.
Federschale aus dem Musterbuch von Stobwasser.
Abb. 9.
Federschale aus dem Musterbuch von Stobwasser.
Aus diesem Verzeichnis leuchtet übrigens ein, welche
bedeutsame Stellung diese Fabrik im Kunst- und Kultur-
leben ihrer Zeit einnahm, welchen Einfluß der Fabrikant
auf den Geschmack und selbst auf den Geist der Zeit
gewinnen mußte. Mehr noch als das Hausgerät haben
aber die Schnupftabaksdosen der Stobwasserschen
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