Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1899)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0225
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Weiter heißt es u. a.: „Man wird an-
erkennen müssen, daß die Selbstschil-
derung des eignen Werdeganges und
der eigenen Lebensarbeit aus der Feder
der am geistigen Leben der Nation her-
vorragend (!) beteiligten Zeitgenossen
uon großem Reiz sür jedermann sein
muß, der an der persönlichen Seite
dieses Lebens Jnteresse nimmt. Für
alle Verzweigungen des künstlerischen,
literarischen, gelehrten, staatlichen und
wirtschaftlichen Schasfens eines Volkes
durchgeführt, wird eine Sammlung
solcher Selbstdarstellungen eine wesent-
liche Bereicherung seiner Geistesge-
schichte mit sich bringen und diese von
cinem Standpunkte aus zu betrachten
gestatten, den so allgemein einzunehmen
dcm Kulturhistoriker sonst nicht mög-
lich war. Jn ganz besonderem Maße
aber wird eine derartige Sammlung
dem Verständnis des geistigen Lcbens
da zugute komnien, wo seine Trager
nicht gewohnt sind, in Wort und Schrift
von ihrem Schassen Rechenschaft ab-
zulegen. Hier stehen die bildenden
Künstler in erster Reihe. Die Bcur- ,
teilung ihrer Werke durch berufene
und unberufene Kritiker und noch mehr
durch das Publikum selbst muh in den
nieisten Fällen von der Persönlichkeit
ganz absehen. Und so oft das ein
Vorteil sein mag, der im Jnteresse der
Kunst selbst liegt, so ost dürfte es doch
auch von Nutzen sein, die Eigenart
und die künstlerischen Absichten eines
Meisters besser zu erkennen, als sie das
einzelne Werk wiederzuspiegeln ver-
mag. illes peinti-es peintb par ecix-
M6M68 u.s.w. — sollte in derbesseren
Kunde davon, wie ein Künstler
seine Kunst und sich selbst an-
schaut und angeschaut sehen
möchte, nicht wirklich häufig genug
eine Förderung des Betrachters, eine
Vertiefung des Genusses enthalten sein?"

Zur Ehre des Verfassers dieser hoch-
trabenden Worte wollen wir annehmcn, j
üaß er die dürftigen Biographien, die 1
dem Vorworte folgen, — nicht gelesen '
Uunstwart

hat. Denn ach, die entsprechen in
keiner Weise der Schönfärberei, von
welcher das Vorwort trieft. Wie das
zu vermuten war, haben sich gerade
die Künstler, bei denen es wirklich
von Wert wäre, sie einmal über sich
selbst sprechen zu hören, fast ausnahms-
los von dem ganzen Unternehmen fern-
gehalten: die Redaktion mußte ihre
Biographien selbst schreiben, und diese
unterscheiden sich in nichts von der
„Nüchternheit des Konversationslexi-
kons", die iin Vorwort verdammt wird.

Es entbehrt nun nicht eines humo-
ristischen Reizes, daß Redaktion und
Verlag wer weiß ob so naiv oder so
gewissenhaft gewesen sind, anzugeben,
woher die Biographien stammen. Laut
der Zeichenerklärung auf S. 755 sind
mit ** bezeichnet „Artikel, die — mit
größeren oder geringeren Streichungen
— den Wortlaut der Einsendung
der besprochenen Personen wieder-
geben", mit * „Artikel, die mit Be-
nutzung eingesandten Materials
redaktionell bcarbeitet sind", mit U
„Artikel, die ohne eingesandtes Ma-
terial oon der Redaktion zusammen'
gestellt bezw. verfaßt" sind.

Jedensalls haben sich manche Künst-
ler nicht träumen lassen, daß sie vom
Verlag als Verfasser des Eigenlobes
genannt würden, das sie sich selbst
gespendet haben. Wir geben ein paar
Proben als äooument8 llumuiu8. Ein
inzwischen verstorbener Jagdmaler,
dessen Namen wir deshalb nicht nennen
wollen, schreibt von sich selbst: „X.
hat so gut wie Altmeister Kröner und
Deicker die Jagdmalerei zu einem ersten
Fach herangebildet, auch in Bczug auf
hippische Darstellungen bisher Un-
erreichtes geleistct." Bei cinem andcrn
Künstlcr, der Material zu seiner Bio-
graphie eingesendet hat, heißt es: „Von
seinen Konkurrenzarbeiten sind die wich-
tigsten: das Kriegerdenkmal zu Han-
nooer, die Viktoria sür die Berliner
Ruhmeshalle, der Brunnen für den

2IZ
 
Annotationen