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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 19 (1. Juliheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0316
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Lüusik.

in der Kirchenallee zu St. Georg schon
einen Anfang damit gemacht, für die
Zuschauermenge ein roeiteres Gesichts-
feld abzustecken. Hatte denn bisher
eine einzige Hamburger Bühne es ge-
wagt, „die Weber" aufzuführen? Jetzt,
nachdem Berger den Hanseaten Cour-
telinc, Maeterlinck (der freilich ausge-
zischt wurde) und den zweiten Teil
von „Ueber unsere Kraft" gezeigt hatte,
entschloß sich das alte Hamburger
StadttheaterzueinerWeberaufführung.
Ein solcher Bruch mit alten Bedenken
und Vorurteilen bleibt für die Kunst
in Hamburg um so erfreulicher, als
hier auf anderem Felde Lichtwark
rastlos wie ein tapferer Eisbrecher in
der Alster thätig ist. Freilich geht
LichtwarkS Streben und Bedeutung
mehr in die Tiefe. Herr von Berger
bleibt doch nun einmal — jedes Wort,
jede That von ihm ruft es uns zu —
ein wenig Wiener Theatermensch und
wird es immer bleiben; er horcht mehr
auf die Menge, als daß er sie zum
Hören zwänge. Vor einem Jahr be-
hauptete er in seinen Vorträgen allen
Ernstes: der schaffende Künstler müsse
auf die Wünsche und Bedürfnisse des
Publikums Rücksicht nehmen, von ihm
den Jmpuls erhalten. Ganz mit dieser
mehr als seltsamen Meinung deckt es
sich, wenn Herr von Berger in seiner
Abschiedsrede am letzten Mai d.J. vor
den Zuschauern seine Verbeugung
machte und dabei wörtlich von dem
Publikum sprach, „das in der Kritik
seine Stimme hat und haben soll".
Die Thatsache, daß dem Publikum
das Gute und Große in der Kunst
hartnäckig und unoerdrossen gezeigt
werden muß, um Licht und Bahn
zu schaffen, haben wir noch in unseren
Zeiten z. B. an Böcklin erfahren, aber
kein größerer Zeuge ist für diese Wahr-
heit, als es die anderthalb Jahrhun-
derte sind, in denen Shakesperes
Schöpfungen tot lagen.

Karl Strecker.

* Alte Violinmusik. I..

Wer kennt nicht Volker den Spiel-
mann aus dem Nibelungenlied, der
die Fiedel sstreicht, daß der Heunen
Königsburg widerhallt, dann aber
süßer und sanfter zu spielen beginnt,
um seine Notgesellen in den Traum
zu wiegen? Und doch hört man
immer sagen, das Solospiel auf der
Violine sei erst vier Jahrhunderte
später in Oberitalien aufgekommenl
Für den praktischen Musiker freilich
sängt die edle Geigenkunst erst mit
Corelli an, dcnn von den deutschen
Spielmannsweisen ist nichts erhalten
und die Jnkunabeln der Violinmusik,
die Werke der Bologneser Schule, der
Torelli und Vitali, haben nur ge-
schichtliches Jnteresse. Ein gutes Sam-
melwerk der alten Violinliteratur sind
Davids „Vorstudien zur hohen Schule
des Violinspiels" und desselben aller-
dings nur für vorzügliche Spieler ge-
eignete „Hohe Schule" (Leipzig, Breit-
kopf und Härtel), welch letztere auch
die als Vorläuferin der Bachschen oft-
genannte Chaconne von Vitali ent-
hält. Ferner Alards
clo88igues ilu Violou" (Mainz, Schott)
sowie Wittings „Kunst des Violin-
spiels".

Jm häuslichen Musizieren verdient
unter den alten Meistern den ersten
Platz Arcangelo Co elli(^s5Z bis
(7(5), derGünstling des kunstsinnigen
Kardinals Ottobonij, der Abgott des
musikalischen Roms seiner Zeit, den
der Pfalzgraf bei Rhein zum Marchese
von Ladcnburg ernannte und der,
selbst ein leidenschaftlichcr Liebhaber
von Gemälden, nun neben Rafsael im
Pantheon begraben ruht. Seine Werke
gehören heut^zum Hausschatz jedes ge-
bildcten Geigers. Vor allem sein op.
s, die „Sonaten" aus dem Jahre (roo-
Unter „Sonate" verstand man damals
eine Folge von Jnstrumentalstückcn,
die nur durch das Band der gleichen

Runstwart

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