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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 20 (2. Juliheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0168
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lichen Leben, wesentlich dazu bei-
trägt, die Form dieses Lebens so
unerfreulich zu machen. Eine be-
sonders gefährliche Erscheinung der
Selbstsucht ist die Selbstüber-
schätzung der Bildung, das intellek-
tuelle Protzentum. Wenn man vor
der Masse glänzen kann durch Gei-
steskraft, wenn man sie willig nach
sich ziehen kann, dann ist manch ein
Gebildeter bereit, sich für die Masse
und damit für die Politik zu inter-
essieren. Aber wenn Politik heißt
sich hineinbegeben in die Masse, um
sie zu bewegen, indem man sie be-
seelt, dann zieht man sich zurück
auf den Standpunkt der geistigen
Aristokratie. Ia, es gibt eine
Aristokratie des Geistes, aber, wie
alle wahre Aristokratie ist sie nicht
eine Aristokratie des Besitzes,
des geistigen Besitzes, sondern der
Leistung. Wer in einer Ge-
meinschaft Vorrechte in Anspruch
nehmen will, kann sie stets nur auf
das besondere Maß seiner Lei-
stungen stützen. Besitz kann nur
insofern ein Vorrecht gewähren, als
er zu besonderen Leistungen be-
fähigt. Auch geistiger Besitz ver-
pflichtet, insbesondere verpflichtet
er dazu, mitzuwirken an der
Erziehung, an der Führung, an
der Vertretung der geistig Min-
derbemittelten. Wo aber die Schicht
der Intellektuellen sich zurückzieht
in ihr Heim, um dort die Schätze der
Kunst und Wissenschaft nur zu genie-
ßen, da wird sie eines Tages erfahren
müssen, daß die führerlos gewordene
Masse versucht, ihr diese Schätze
zu entreißen oder zu vernichten.

Anzeigen als Anzeichen Z

us einer großen Berliner Zei-
tung:_

8Ld3rkriLkrel' krauis

rus. 5. N. 85.— r. vcrk. ^ Q. v'.

Eine Nebenfrage: läßt man den
Scharfrichtern Richtblöcke usw. als
Eigentum zu privater Verwertung?

„Zur Vekämpfung der
Frauenemanzipation"

ist also ein Bund gegründet worden.
„Angesichts der äußeren und inne-
ren Gesahren, denen das Reich
augenblicklich ausgesetzt ist," so heißt
es im Aufruf, „können wir nur
mit ernster Sorge gewahren, daß
die deutsche Frauenbewegung eine
Bahn eingeschlagen hat, auf der sie
notgedrungen dazu gelangen muß,
die Grundfesten unseres arg be-
drohten Staatswesens noch mehr
zu erschüttern. Die schematische
Gleichstellung von Mann und
Frau, die man erstrebt, ist wider-
sinnig. Sie versucht, der Natur
Gewalt anzutun, die überall die
Wirkungskreise der beiden Ge-
schlechter scharf abgegrenzt und
strenge Arbeitsteilung durchgeführt
hat. Wir wollen uns darum be-
mühen, eine Bewegung einzudäm-
men, die der Gesamtheit zum Ver-
derben, dem Manne zu Unsegen,
der Frau zum Fluch gereichen muß.
Sie ist nicht ein Element der Ver-
söhnung, wie ihre Anhängerinnen
behaupten, sondern sie gießt frisches
öl in das schon heftig genug
lodernde Feuer politischer und so-
zialer Gegensätze."

Eine Zusammenfassung der kon-
servativen Elemente auch für die
Bearbeitung der Frauenfrage war
sicher wünschenswert, mehr an der
Zeit wäre allerdings solche Grün-
dung vor zehn Iahren gewesen. Der
Aufruf betont nicht, was jeder weiß,
der die literarischen Erscheinungen,
die Kongresse usw. verfolgt hat:
daß der Einfluß der ungeschichtlich
und unnaturwissenschaftlich denken-
den radikalen Draufgängerinnen
innerhalb der Bewegung selbst we-
sentlich zurückgegangen ist. Die ge-

2. Iulihest W2
 
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