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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1932)
DOI Artikel:
Briccius, W. A.: Internationale politische Verschuldung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0531
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Die Ei'nnahmen aus dem Dienste der interalli'ierten Schnlden machten bisher von den
amerikanischen Bundeseinnahmen nur etwa Zv/o aus. Jn der letzten Zeit haben sich
jedoch die BundeSeinnahmen wesentlich verringert, so daß der Anteil des allnerten
Schuldendienstes sür Amerika eine wesentlich größere Bedeutung erlangt hat. Die den
alliierten Mächten gewährten Kriegskredite waren zum großen Teil durch eigene
innere Kriegsanleihen beschasst worden, deren Zinsendienst und deren Tilgung durch
die von den Schuldnermächten eingehenden Zahlnngen bestritten werden sollte. Der
Anteil der interalliierten Zahlungen am gesamten Schuldendienst ist nun aber von
iHv/g im Jahre 192Z/26 auf 210/0 a'm Jahre igzo/Zi gestiegen, wogegen die
Bundesschnld selbst wieder gestiegen ist.

Weiterhin hat Amerika aus Grund des Fundierungsabkommens auf die ursprüng-
lichen Schuldbeträge einen durchschnlttli'chen Nachlaß von rund ZOv/o gewährt. Den
höchsten Nachlaß erhielt Jtalien mit 600/0, Frankreich wurde etwa 6oo/o seiner ur-
sprünglichen Schuld an Amerika erlassen, während Großbritannien nur einen Nach-
laß von ZO°/o erzielen konnte. Großbritannien selbst gewährte seinen Schuldnern
einen Nachlaß von durchschnittlich 7Z°/o, wobei wieder Jtalien mit 660/0 daS Höchst-
maß erreichte. Dabei ist der Gegensatz zwischen den Nachlässen an den Schulden
und Forderungen Großbritanniens beachtlich: von den Verpflichtungen Großbritan-
niens wird nämlich nur die Hälfte durch Forderungen an andere alliierte Mächte
gedeckt. Die Entwertung des englischen Pfundes brachte weitere Nachteile. Wäh-
rend nämlich die Verpflichtungen der Schuldnermächte an die Vereinigten Staaten
auf Gold-Dollar, die Verpflichtungen an Frankreich auf Gold-FrancS lauten, sind
die Forderungen GroßbritannienS auf „Pfund Sterling" gestellt und enthalten keine
Goldklausel.

Kehren wir nochmals zu den einleitend aufgestellten fünf Lösungsmöglichkeiten zu-
rück, so zeigt sich für die englifche und amerikanische These der letztlich unpolitische,
sondern ganz nüchterne wirtschaftliche Grund: die eigenen Zahlungsschwierigkeiten.
Aber auch der italienische Gedanke osfenbart den starken wirtschaftlichen Einfchlag.
Würden die europäischen Staaten auf ihre Nettoentschädigungen verzichten, so würde
das für Italien nur einen Ausfall von /s8,2 Mill. RM. bedeuten, während Frank-
reich auf Z66,i Mill. RM. verzichten müßte, was aber eine erhebliche Besserung
der wirtschaftlichen Position ItalienS gegenüber Frankreich bedeuten würde.

Mit der Erklärung des Deutfchen Reichskanzlers vom g. 1. 19Z2, „daß Deutsch-
lands Lage ihm die Fortsetzung politischer Zahlungen unmöglich mache", wurden
Deutschlands Reparationsgläubiger vor eine vollendete Tatsache gestellt. Nun ist
Europa an der Reihe, Amerika vor die gleiche Tatsache zu stellen. Das Hoover-

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