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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Lux, Joseph August: Edelschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0646
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schmuckarbeiten mit perlen und edelsteinen otto wünsche-hellerau

DELSCHMIEDEKUNST.

' In der bekannten Gartenstadt Hellerau

bei Dresden hat der Bildhauer und Silber-
schmied Otto Wünsche eine Werkstatt für Edel-
metallarbeiten eröffnet. Bisher waren die Schöp-
fungen Wünsches auf dem Gebiet der Edelmetall-
kunst nur einem kleinen Kreis von Freunden und
Kennern zugänglich, die sich längst dieser er-
lesenen, in uralter Meistertechnik ausgeführten
Silberarbeiten und Schmuckgegenstände wie Alm-
bänder, Diademe, Nadeln, Ringe, getriebene
Knöpfe etc. erfreuen durften; jetzt soll auch das
große allgemeine Publikum seine Bekanntschaft
machen, das im Bedarf an solchen Dingen ent-
wickelte Ansprüche an Geschmack und Gediegen-
heit stellt und so der eigenen Kunstfreude dient.

Otto Wünsche arbeitet in derselben kunsthand-
werklichen Technik wie die Meister der Gold-
und Silberschmiedekunst in der Blütezeit des
deutschen Handwerks zu Zeiten eines Dürer.
Diese handwerkliche Tradition ist uralt und von
den ältesten Kunstepochen bis zur Biedermeierzeit

herauf unverändert dieselbe geblieben. Es bedeu-
tet sehr viel, wenn heute ein Meister auf diese
durch die Erfahrung der ganzen Menschheit ver-
vollkommnete Handwerklichkeit zurückgreift. Es
bedeutet die Abkehr von dem Industrialismus,
der seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts auch
in der Edelmetallkunst alleinherrschend wurde. Was
der Markt heute an Schmuck und Edelmetallsachen
bietet, ist fast durchweg Maschinenarbeit. Otto
Wünsche gehört zu jenen Handwerkskünstlern,
die bestrebt sind, die Maschinenarbeit durch be-
seelte Handwerklichkeit zu ersetzen und das Ver-
ständnis dafür im Publikum durch qualifizierte
Leistungen dieser Art zu wecken. Diese persönlich
differenzierte Handarbeit kann nirgends mit größe-
rem künstlerischen Recht gefordert werden, als
in der Gold- und Silberschmiedekunst.

Man wird das Kunstwerk nicht verstehen und
lieben können, wenn man nicht die der Kunst
zugrunde liegende Handarbeit nnd die Eigentüm-
lichkeiten des Materials verstehen und schätzen
gelernt hat. Die Fähigkeit, zwischen Gut und Schlecht
zu unterscheiden und demgemäß zu urteilen und

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