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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Kintz, J. Ph. A.: Maultier- und Eseltreiberei in Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0216
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Verehrlicher Stadtrat,
Heidelberg.
Bitte betr. Esel und Ponys Aufstellung Hier,
des Johannes Rall, verheurathet.
Da mir vom verehrlichen Stadtrat hier auf Veranlassung der Fr. Hoffstätter
Eselvermietherei ein Schreiben zukam, dah ich meine Esel nicht am Klingentor auf-
stellen dürfe, indem dieselbe schon viele Jahre ihre Esel allein dort aufgestellt habe,
so möchte ich befugen, dah Kutscher Wolf schon mehr als 8 Stück auch am gleichen
Platze und zur gleichen Zeit dort ausgestellt hatte und dagegen meines Wissens nach
auch ein Einwand gemacht wurde. Es ist mir aus mein erstes Bittgesuch vom hiesigen
Bezirksamt sowie vom Herr Oberbürgermeister Dr. Wilkens die Aufstellung meiner
Saumtiere am Klingentor genehmigt worden und habe ich aus diese Genehmigung
hin Tiere eingekaust und Mühe und Kosten nicht gespart, um allen Anforderungen
einer Fremdenstadt gerecht zu werden.
Der Platz am Bremeneck ist zur Aufstellung mehrerer Tiere sehr ungeeignet, in-
dem der Fremdenverkehr selbiger Stelle verhältnismäßig gering ist, gegenüber dem
Klingentor und sich durch den Verdienst kaum die Kosten decken liehen.
Mein Gesuch geht nun dahin, den verehrlichen Stadtrat zu bitten, mir gleiche
Rechte zur Ausstellung von Eseln und Ponys einzuräumen, wie der Eselsver-
mieterin Fr. Hofstätter, da ich meine Steuern noch zu jeder Zeit bezahlt habe, auch
zeigte ich mich erbötig eine Entschädigung für die angewiesenen Plätze zu zahlen.
Ich bin gelernter Schirmmacher, kam jedoch zur Aeberzeugung, dah es mir un-
möglich den großen Geschäften gegenüber, das meinige mit Erfolg weiterzubetreiben,
und habe mich deshalb entschlossen eine Eselvermietungsanstalt zu gründen.
Eine Haltestelle zu errichten, die den Verdienst auch lohnen würde, ist nur am
Klingentor möglich und ich deshalb verehrlicher Stadtrat nochmals höflich bitte,
meinem Gesuch Gewähr zu halten. Für Reinhalten des Platzes würde ich stets
bestens Sorge tragen. Ergebenst Johannes Rall.
In derselben Angelegenheit wurden bewegt die Stadtbaukommission, die
Direktion des städtischen Gas- und Wasserwerkes und das Stadtbauamt, da
man dem Gesuchsteller das Laternenanzünderhäuschen neben dem Klingentor
als Eselstall zur Verfügung stellen wollte. Da dieses aber abgebrochen
werden sollte, wurde ihm ein Platz südlich des Klingentorturmes angewiesen,
während Frau Hofstätter nördlich des Klingentors zugeteilt bekam.
Aus demselben Iahre stammt ein Gesuch an die Beleuchtungskommission
der Stadt mit der Bitte, die Anbringung eines Plakates an einen Gas-
kandelaber in der Aähe des Bahnüberganges zu gestatten.
Für die Benutzung des erwähnten Platzes wurde ein Platzgeld von jähr-
lich M. 5.— festgesetzt. Die Anbringung des Schildes wurde von der Be-
leuchtungskommission nicht gestattet.
Im Iahre 1884 begegnen wir einer Kommission für das Droschkenwesen
unter der Leitung des Herrn Stadtrates Bauernseind. Diese Stelle erhielt
auch die Aussicht über das Saumtierwesen.
Die Esel scheiden Ende der achtziger und Anfang der neunziger Iahre
aus dem Fremdendienst aus. An deren Stelle treten die Chaisen und
Droschken.
Letztmalig tauchen sie im Iahre 1893 auf. Im Mai des genannten Iahres
erkundigte sich nämlich der Kreisdirektor von Rappoltsweiler (Elsaß) durch
ein Schreiben an das Bürgermeisteramt der Stadt Heidelberg, ob die Esel-
vermietungsunternehmen in Heidelberg Privatunternehmen sind, in welcher
Weise sie eingerichtet sind, welche polizeiliche Bestimmungen und Taxen be-
stehen und was sonst von Interesse darüber vorliegt, da er beabsichtige, zur
Erleichterung des Besuches der über der Stadt Rappoltsweiler gelegenen

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