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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0027
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Geschlecht und Name.

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geschichte der Seele beschäftigt, namentlich der seelischen Thätigkeit des
neugeborenen Menschen meine Aufmerksamkeit zugewendet. Weder die
Philosophen, noch die Naturforscher und Aerzte waren dieser Frage
bis dahin auf dem Wege genauer Beobachtung und des Versuchs näher
getreten. Die Ergebnisse meiner Untersuchung stellte ich in jener
Schrift zusammen. Sie fand gute Aufnahme und hat noch kürzlich,
nach 36 Jahren, eine dritte Auflage erlebt (Pietzke, Tübingen, 1896).
Bald nach ihrem ersten Erscheinen hatte man sie einer hohen Dame,
die solche Probleme lebhaft interessierten, zu lesen empfohlen, aber
mein Name war ihr schrecklich, sie rief, wie mir erzählt wurde:
„nein! es ist unmöglich! so kann man nicht heißen!" — Der un-
mögliche Name hinderte sie nicht, später meinen ärztlichen Rat ein-
zuholen.

Jn Süddeutschland giebt es eine Reihe von Geschlechtern, die
mit den Kußmaul namensverwandt sind, die Kuß, Küß, Küßwieder
und die Maul, die sich ohne Kuß behelfen. Die Küß sind Elsässer.
Die linksrheinischen Alemannen lieben die Diphthongen und Triph-
thongen nckch mehr als die rechtsrheinischen, sie machen aus gut güt,
waudeln das Knie in Kneu um und das Zeitwort liegen in laijen,
mich nannten sie in Straßburg, während ich dort docierte, Küß-
maul. Am bekanntesten ist aus dem Geschlechte der Küß der Pro-
sessor der I'aeultö äs niöäseins in Straßburg Emile Küß geworden,
der letzte Maire der Stadt.

Wie verbreitet die Kußnamen im Großherzogtum Baden sind,
erfuhr ich im Winter 1849/50 auf einem Ball in Karlsruhe. Während
der Tanz im besten Gang war, flog ein gedruckter Zettel durch deu
Saal mit der erfreulichen Anzeige, daß die Herren Kuß und Kuß-
maul und die Fräulein Küßwieder den Ball mit ihrer Gegenwart
beehrten.

Jn Süddeutschland erregte mein Name weniger Befremden, als
in Norddeutschland. Jn den Jahren 1848 und 1849 marschierte ich
als Militärarzt mit badischen Truppen mehrmals durch das König-
reich Hannover und verweilte zweimal längere Zeit in den Herzog-
tümern Schleswig-Holstein. Wenn ich bei diesen Märschen nach der
Ankunft in einem neuen Quartiere der Dame des Hauses meine Auf-
 
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