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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0133
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Der Fuchs.

113

Jch bewahre das Konterfei eines Füchsleins aus Westfalen von
erschreckender Dünnheit des Leibes, und darum Pips geheißen, eines
Mediziners, der stets eine Pfeife trug, die ihm vom Munde bis zum
Boden reichte. Er kneipte mit den Schwaben, weil einige seiner
Landsleute diesem Korps angehörten. Auf dem Bilde ist er in
ganzer Figur von vorn dargestellt- Man sieht unter dem Schild der
Studentenmütze seine starke nnd scharsgebogene Nase mit den an-
grenzenden Teilen des Gesichtes, der übrige Körper ist versteckt hinter
dem dicken langen Pfeifenrohr mit den großen Quasten, dem riesigen
Porzellankopf, dem Wassersack, und den mächtigen Dampfwolken. Nnr
in der Mitte des Pfeifenrohrs bemerkt man die Hünde, die es um-
klammern, und neben dem Wassersack auf dem Boden die Stiefelspitzen,
die seitlich davon hervorschauen.

Der gute Pips! Er überlebte die ärmlichen Freuden seiner
Burschenzeit nicht lange; auf seinen Wangen blühten schon die Rosen
der beginnenden Auszehrung. Er wäre unsäglich gern ein flotter
Korpsstndent und Mensurheld geworden, aber er hatte nicht die Kraft,
den Schlüger zu schwingen. Um seinen guten Willen zu ehren, er-
lanbten ihm die Schwaben ihre „Renoneenfarben" zu tragen, er kaufte
sich zu seiner Pfeife die größten schwarz-gelben Quasten, die er auf-
treiben konnte. — Das arme Kerlchen fühlte sich nur wohl in Ge-
sellschaft der stärksten und am meisten gefürchteten Schwabenburschen,
es strömte ein Kraftgefühl von diesen „Haupthähnen" auf den Pips
aus, das ihn glückselig machte.

Die Wände der Stndentenzimmer — Buden genannt — waren
häufig mit Tabakspfeisen von jeder Größe und mancherlei Stost und
Gestalt behangen, außerdem mit Hiebwaffen, namentlich Schlägern,
und mit Bändern in den Farben der Verbindnng, sowie zahlreichen Sil-
houetten, auch einzelnen Steindruckbildern, von Freunden und Bekannten.

Der Verbrauch von Cigarren stand hinter dem von Varinas
und Kanaster in Rollen zum Rauchen aus der Pfeife weit zurück.
Diese Vorliebe der akademischen Jugend für die Tabakspfeife hatte
in Heidelberg einem Zweige der Porzellanmalerei zn hoher Ent-
wicklung verholfen und ihn lohnend gemacht; es gab Künstler auf
diesem Gebiete, die auf den Pfeifenköpfen vortreffliche Kopien be-
 
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