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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0167
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Der 8. 6.

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respektierter und von dem Segen des Korpswesens felsenfest über-
zeugter Mann. Jm Gesichte hatte er etwas von einer Bulldogge, seine
Vandalen hütete er, wie eine Henne ihre Küchlein. Die Vandalen
nannten ihn die alte Hanne, warum, ist mir unbekannt. — Von
seinen Vandalen ist am berühmtesten geworden Rudolf von Bennigsen.
Obwohl ich nie vorher ein Wort mit diesem prächtigen Mann ge-
sprochen hatte, auch nachher auf der Hochschule seine Bekanntschaft nicht
gemacht habe, kreuzten wir doch die Waffen xro ^loria xatriae,
wurden jedoch nach einigen Gängen von den Pedellen verjagt.

Die Nassaner waren eine große Verbindung, fast ausnahmslos
aus dem Herzogtum Nassau und der freien Stadt Frankfurt beschickt.
Sie hielten mit den Schwaben gute Frenndschaft.

Die Westsalen, meist Norddeutsche und Kurländer, auch einige
Süddentsche, Rumänen nnd ein Schweizer waren darunter, hatten im
Sommer 1844 den liebenswürdigen stnä. jnr. Gustav Gans zu Putlitz,
den bekannten Dichter, als Senior an ihrer Spitze.

Von den Saxoborussen, die damals mehr Bürgerliche in ihren
Reihen hatten, als heute, ist mir der nachmalige Kunst- und Litteratur-
historiker Hermann Hettner in Erinnerung.

Bei den Rhenanen waren mehrere meiner früheren Schulkame-
raden eingetreten, was mir bei der großen Feindschaft zwischen
Schwaben und Rhenanen mitunter peinlich wurde, doch blieben wir
einander treu. Vielleicht der witzigste von allen Korpsburschen war
ein Rhenane, stmä. jnr. Ludwig Knapp aus Darmstadt. Er verließ
die Universität schon an Ostern 1841 und kehrte als Dozent des
Rechts zu ihr zurück (1848—1858). Er hat sich durch ein „System
der Rechtsphilosophie" (1857) bekannt gemacht und starb 1858. Knapp
war eines der hervorragenden Mitglieder des Engeren, und befreundete
sich innig mit Scheffel, der ihm in seinen Rodenstein-Liedern als
Knappen des weinfrohlichen Ritters ein Denkmal gesetzt hat.

Die Rhenania löste sich im Herbst 1842 auf. An ihre Stelle
trat das Korps Palatia, meist Mannheimer mit dem früher erwähnten
(S. 41) Freiherrn Götz von Berlichingen als Senior an der Spitze.

Da dw Korps nur geduldet, aber nicht amtlich anerkannt waren,
mußten die Universitätsbehörden, wenn sie mit ihnen verhandeln
 
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