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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0168

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Der 8.0.

wollten, sich durch Mittelspersonen an den 8.0. wenden. Ein so
ungehöriges Verhältnis untergrub den Rechtssinn der akademischen
Jugend, schwächte das Ansehen der Behörden und steigerte die Ueber-
hebung der Korps auf der einen Seite und die Erbitterung der Wilden
auf der andern.

Die Geschichte eines Fackelzugs zu Ehren des am 3. Mai 1842
in Karlsruhe vermählten hohen Paares, des Erbprinzen Ernst von
Sachsen-Koburg-Gotha mit der Prinzessin Alexandrine von Baden,
mag zur richtigen Beleuchtung dieser merkwürdigen Zustände an der
Hochschule dienen. Die Neuvermählten wollten auf der Reise nach
Koburg in Heidelberg übernachten, und der Amtmann ließ den 8. 0.
durch die Pedellen wegen eines Fackelzugs befragen. Die Korps
zeigten keine Lust, diese Huldigung darzubringen, denn sie waren übler
Laune, weil der Amtmann seit einiger Zeit alles aufbot, um das
Pauken auf der Hirschgasse unmöglich zu machen. Vermutlich handelte
er auf höhere Weisung. Das Treiben in dem berüchtigten Panksaal
war zum europäischen Skandal geworden, namentlich englische Reisende
berichteten Schauergeschichten von den blutigen Szenen, denen sie als
Gäste zugeschaut hatten. Diesem Aergernis sollte ein Ende gemacht
und der 8. 0. gezwungen werden, siine Turniere an andere Orte zu
verlegen. Zu diesem Ende schickte der Amtmann die Pedellen fast
täglich über den Neckar, ließ die Paukanten verjagen oder abfassen
und in das Karzer sperren, das kostspielige Paukzeug wegnehmen.
Deshalb verweigerten die Korps den Fackelzug und blieben auch auf
des Amtmanns ausdrückliches Appellieren an ihre erprobte Loyalität
störrisch, denn in Pauksachen hörte selbst diese auf.

So standen die Dinge^ als Howitz dem 8. 0. den Vorfchlag
machte, dem Amtmann zu bedenten, man würde den Fackelzug unter
der Bedingung bringen, daß er das Pauken auf der Hirschgasse wieder
wie srüher zulasse. Sein Vorschlag fand Beifall, nnr die Schwaben
und Rhenanen rieten von diesem Vorgehen ab. Sie waren diesmal
der gleichen Meinung, man solle bei dem abschlägigen Bescheide ver-
harren; der Amtmann dürfe sich einen solchen Hohn nicht bieten
lassen, auch werde der Fackelzug dürstig ansfallen, die Wilden seien
ebenso unzufrieden mit den Korps wie mit den Behörden und würden
 
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