Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0169

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der 8. 6.

149

keine Heeresfolge leisten. Sie wnrden aber überstimmt und der Vor-
schlag zum Beschluß erhoben. — Der Amtmann gab nur schöne Worte
und keine bindenden Versprechen; znletzt kam der Fackelzug wirklich zu
stande, fiel aber, wie vorausgesehen war, dürftig aus, und der Amt-
mann blieb dem 8. 0. seinen Dank schuldig. Den Korps blieb nichts
übrig, als den Paukplatz zunächst nach Ziegelhausen in den Adler und
von da später nach Neuenheim in die Rose zu verlegen.

Obwohl die Korps der Politik fern blieben, beschlossen sie doch
dem Geiste der Zeit ein Zugeständnis zu machen und bei den Ver-
handlungen des 8. 0. die Oefsentlichkeit und Mündlichkeit einzuführen.
Bisher waren die Sitzungen insofern geheim gewesen, als ihnen anßer
den abgeordneten Senioren niemand hatte beiwohnen dürfen, wie wenn
es sich darin um die wichtigsten Staatsgeheimnisse handelte. Auch
wurden sie, namentlich in Klagesachen, schriftlich geführt und schlepMn
sich, wie im seligen Reichskammergericht, endlos hin mit Repliken und
Dupliken, wobei die älteren Juristen in spitzsindiger Rabulisterei schon
für die künftige Praxis ihre Federn übten. — Es wurde eine Kom-
mission niedergesetzt, die Reformvorschläge ausarbeitete. Die Korps
nahmen sie an, und die Reform wurde sofort ins Werk gesetzt. Jeder
Korpsbursche hatte von nun an das Recht, den Verhandlungen des
8. 0. in ehrfurchtsvollem Schweigen zu lauschen, und das schriftliche
Verfahren wurde durch ein abgekürztes mündliches ersetzt.

Jn der Kommission hatte anch ich gesessen und hier die nähere
Bekanntschaft des Seniors der Westfalen v. Putlitz gemacht. Wie
wichtig wir die Sache nahmen, erhellt aus einigen Zeilen unter seiner
Silhouette, die er mir nach dem Schluß des Semesters von Berlin
schickte: „Wenn unser gemeinsames Werk fertig ist, so mache ich es
dir zur Pflicht, mir ein Exemplar als Andenken an die Stunden zu
schicken, die mir immer eine freundliche Erinnerung sein werden."
 
Annotationen