Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0356

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Salzburgrr Land.

^uf der hohen Gerlos schlug das Wetter um; wir gingeu, es
war am 9. Juni, eine Stunde laug in starkem Schneegestöber uud
kamen durchuäßt abeuds in Krimml au. Am andern Morgen be-
sichtigten wir die großartigen Wasserfälle. und gingen im Regen die
Straße durch das Pinzgau herab. Dabei summten wir, um uns bei
gnter Stimmnng zu erhalten, das schöne Lied vor uns hin, das wir
sv oft als Stndenten gesnngen, von der Pinzgauer Wallfahrt. Was
nns srüher unverständlich geblieben, begriffen wir jetzt beim Wandern,
warum das Lied den Pinzganern nachsagt:

„Sie thaten gerne singen und kunnten's nit gar schön."

Wir sanden wirklich bestätigt, was der Zillerthaler Sänger bei der
Hochzeit zwei Tage znvor uns höhnend angedeutet hatte: die Bewohner
des Gaus, Männer und Frauen, trugen sämtlich eine Last am Halse,
die dem Wohllaut des Gesanges nicht förderlich ist.

Der Regen nahm so überhand, daß wir uns ein Fnhrwerk ver-
schafften, um rascher vom Fleck zu kommen. Am Eingang der Rauris
hellte sich der Himmel etwas auf. Wir besahen uns den Kitzlochfall
und verglichen ihn sinnend mit dem Krimmlfalle, als es eben wieder
zu regnen begann. Das berühmte Distichon der Arkaden, das Rom
und Florenz miteinander vergleicht und den Geboten der Pxosodie
selbstherrlich Trotz bietet, ward uns Vorbild. Gerade der cklassische
Zweizeiler schien uns am besten geeignet, unser Urteil poetisch einzu-
kleiden. Jst doch das Distichon nach Schiller selbst ein herrlicher
 
Annotationen