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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0452

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In Rastatt.

^ie Bundesfestung Rastatt hatte eiue gemischte Besatzuug von
badischen uud österreichischen Truppen; beim Begiun der Meuterei
zogen die Oesterreicher ab, und die aufrührerischen Badener blieben
Herren der Festung uud der drei sie umgebeuden Forts, die mit
N und 0 bezeichuet waren. Fast sämtliche Offiziere verließen Rastatt
uud das Land, einige waren von den zuchtlosen Soldaten schändlich
mißhandelt worden; an ihre Stelle traten von den Truppen gewählte
Unteroffiziere. Zum Gouverueur der Festung bestellte der Pote Miero-
slavsky, den die provisorische Regierung zum Heerführer der badischen
Armee ernannt hatte, Nikolaus Tiedemann, einen Sohn des Anatomen,
einen tapfern Offizier, aber unsteten und wirren Mann, der früher
zuerst in badischen und dann in griechischen Diensten gestanden hatte.
Nachdem die Aufständischen die Festung am 23. Juli den belageruden
Preußen übergeben hatten, wurde Tiedemann vor das Standgericht
gestellt und am 10. August erschossen.

Die Aufständischen hatten sich aus Gnade und Ungnade ergeben.
Sie mußten die Waffen ablegen und wurden in die Kasematten abge-
sührt, gegen 6000 Mann, Linie, Volkswehr und Freischaren, Legionen
genannt, Abenteurer, die aus aller Herren Ländern zusammengeströmt
waren. Mit ihnen wurden viele bürgerliche, der Teilnahme an dem
Aufstand mit Recht oder Unrecht beschuldigte Personen gleichfalls in
die Kasematten gebracht. Rastatt kehrte unter die Herrschaft des Groß-
herzogs zurück, blieb jedoch von den Preußen besetzt, zahlreiche Offi-
ziere und Uuteroffiziere der in Neugestaltung begrisfenen badischen Armee
versahen init den preußischen gemeinsam den Festungsdienst.
 
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