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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0065

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Wertheim.

^tm Frühjahr 1833 kam ich auf das Gymnasium nach Wert-
heim, das meinen Eltern am bequemsten lag. Jch blieb nur ein
Jahr in der kleinen, an der Mündung der Tauber in den Main
anmutig gelegenen Stadt. An Ostern 1834 vertauschte ich das Wert-
heimer Gymnasium mit dem Mannheimer Lyceum, weil mein Vater
in diesem Jahre von Boxberg nach Wiesloch in der Rheinebene ver-
setzt wurde.

Auch in Wertheim wurde ich bei einem Geistlichen untergebracht,
aber nicht, wie in Buch am Ahorn, als einziges Kind des Hauses,
die Familie war mit Kindern reich gesegnet; ich mnßte mich mit den
Brosamen von Liebe begnügen, die für den kleinen Fremdling übrig
blieben. Zwar die Frau des Geistlichen war nicht ohne Güte, er
selbst aber kümmerte sich kaum um mich; den größten Teil des Tags
hielt er sich abgeschlossen in seiner Studierstube und schrieb seine
Predigten oder arbeitete zu seinem besondern Vergnügen in Pappe.

Ueber meinen Aufenthalt in Wertheim habe ich nichts mit-
teilenswertes zu berichten, wenn ich ein einziges Ereignis ausnehme,
woran ich gerne zurückdenke.

Die Tauber teilt, von Süden kommend, die Stadt in zwei
Hälften, eine kleinere linke und eine größere rechte, die durch eine
Brücke verbunden sind. Die Wohnnng des Pfarrers lag auf der
Kleinseite nahe der Brücke. Die Tauber hatte hier ein starkes Ge-
fälle, und in der Flut schwammen viele kleine Fische, die uns Kinder
zum Angeln verlockten. Der Staden am Ufer der Kleinseite unter-
 
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