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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0404

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Wrihnacht-Adend in Wirn.

I^ir verabredeten uns mit einigen Bekannten, Or. Julins Geinitz
aus Altenburg/ vn. Friedrich Wieger aus Straßburg, u. A., den Weih-
nachtabend zusammen zuzubringen. — Geinitz, ein geschickter Chirurg,
ließ sich bald nachher in seiner Vaterstadt nieder und hat dort mehr Blasen-
steinschnitte gemachtz als die meisten deutschen Chirurgen, denn nirgends
in Deutschland kommen Blasensteine hänfiger vor, als bei den Bauern
des Herzogtnms Sachsen-Altenbnrg*). Wieger ist 1876 mein Kollege
an der neu errichteten Kaiser-Wilhelms-Universität in Straßburg ge-
worden. — Als Ort nnsrer Zusammenkunft bestimmten wir das Wein-
haus des kaiserl. Hoslieferanten Leidenfrost in der Altstadt.

Ehe wir uns zu unsern Bekannten begaben, beschlossen Bronner
nnd ich,unsre Hauswirtin aufzusuchen, eine artige Wienerin, die uns
viele Gefälligkeiten erwiesen hatte, um sie zu sragen, womit wir ihrem
Töchterchen, einem lieben Kinde von 6—7 Jahren, Freude machen
könnten, wir wollten ihm ein Andenken unter den Christbanm legen.
Sie empfing uns mit betrübter Miene, ihr Mann wolle nichts vom
Christbaum und von Beschernng überhaupt wissen, er stamme aus dem
Reich, aus der Gegend von Walldürn, war somit ein Landsmann von
uns, und behaupte, bei ihm zu Hause würfen die Lente nicht so un-
nötig das Geld zum Fenster hinaus. Sie hätte ihrem Kinde eine
Puppe, eine „Gretel", bescheren wollen, er aber gebe es nicht zu.

*) Vgl. I. Geinitz, Ueber die Steinkrankheit im Altenbnrgischen. Deutsche
Klinik, 1858.
 
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