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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0254
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Iakob Hrnle.

Der bedeutendste Mann der Fakultüt, als Forscher und Lehrer
zugleich, war neben Naegele unstreitig sein junger Kollege Henle. Man
konnte ihn noch über diesen insofern stellen, als der 'Gebnrtshelfer
nur sein beschränktes Fach lehrte, während Henle außer Anatomie und
Physiologie, für die er bernfen war, allgemeine Pathologie las. Für
diese Vorlesung war der ideenreiche Mann wie geschaffen, denn in der
Schule des großen Johannes Müller aufgewachsen, hatte er sich die
dazu erforderlichen reichen biologischen Kenntnisse in umfassender Weise
angeeignet und besaß die Gabe, klar und anregend vorzutragen, in
seltenem Maße. Er wagte sich ohne Scheu an die höchsten Probleme
der medizinischen Wissenschaft; wo reise Früchte noch nicht zu
pflücken waren, griff er zu unreifen und präsentierte sie verführerisch
auf silbernen Schalen. Sein mächtiger Lehrdrang trieb ihn, über den
Kreis der Mediziner hinaus zu wirken, er las ein stark besuchtes
Kollegium über Anthropologie für Hörer aus allen Fakultäten.

Geboren 1809 in Fürth bei Nürnberg war Henle mit seinen
Eltern 1815 nach Mainz und später von da nach Koblenz über-
gesiedelt. Hier machte er die persönliche Bekanntschaft seines aus
dieser Stadt gebürtigen späteren Lehrers Müller, die seine ganze Zu-
kunft bestimmte. Müller war damals Professor in Bonn und kam
in den Ferien häufig nach Koblenz. — Henle stndierte znerst in Heidel-
berg nnd hörte Anatomie bei Tiedemann, ging dann nach Bonn und
erfreute sich hier der Gunst und Führung Müllers. Nachdem er
1832 in Bonn promoviert und 1833 das medizinische Staatsexamen
 
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