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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0255

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Jakob Henle.

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absolviert hatte, fügte es sich, daß in diesem Jahre Müller als Ordi-
narius für Anatomie und Physiologie nach Berlin berufen wurde und
ihn zu seinem Prosektor machte. Er entfaltete jetzt eine außerordent-
lich frnchtbare Thätigkeit auf den drei Gebieten der Anatomie, Zoo-
logie und pathologischen Physiologie, seiner Zulassung zum Lehramte
aber stellten sich politische Schwierigkeiten in den Weg. Er wnrde
in Untersuchung gezogen und in die Hausvogtei gesperrt, weil er in
Bonn der Burschenschaft angehört hatte. Es bedurfte der Fürsprache
Alexanders von Humboldt, damit er endlich 1837 das Recht an der
Universität zu dozieren erlangte. Drei Jahre nachher berief ihn die
Züricher Regierung als Ordinarius an ihre Hochschule für Anatomie
und Physiologie. Schon wenige Jahre später, im Frühjahr 1844,
folgte er einem Rufe als ordentlicher Professor für dieselben Fächer
neben Tiedemann nach Heidelberg. Er lehrte hier mit großem Er-
folge bis 1852, wo er nach Göttingen an Langenbecks Stelle für
Anatomie übersiedelte und am 13. Mai 1885 sein in rastloser Thütigkeit
verbrachtes Leben beschloß.

Jn die Zeit von Henles Berliner Anfenthalt fiel der Beginn
einer neuen Epoche der biologischen Wissenschaften, die auf die Medizin
mächtig zurückwirkte. Sie wurde durch die berühmte Schrift Schwanns,
gleichfalls eines Schülers von Müller, herbeigeführt, die 1839 unter
dem Titel erschien: „Mikroskopische Untersuchungen über die Ueber-
einstimmung in der Strnktur und dem Wachstum der Tiere und
Pflanzen." — Schwann war fast von gleichem Alter, wie Henle,
geb. 1810 in Neuß bei Köln, und Kustos am Berliner anatomischen
Museum. Er wurde 1839 als Anatom nach Löwen berufen und
starb als Professor der Universität Lättich k882.

Anknüpfend an die Lehre des Botanikers Schleiden von der
Pflanzenzelle begründete Schwann die Lehre von der tierischen
Zelle. Dasselbe mikroskopische Formelement dient zum Anfban des
Pflanzen- und Tierleibs, die Zelle ist gewissermaßen der Baustein des
belebten Naturreichs gegenüber dem Kristall des unbelebten. Aus der
Zelle und ihren vielgestalteten Abkömmlingen wachsen hervor die
Pflanzen- und Tiergewebe, aus den Geweben die Organe, aus den
Organen die zusammengesetzten Organismen.
 
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