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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0343
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Lola Montez.

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die Minister nus ihren Aemtern und die Professoren von ihren Lehr-
stühlen. Mit der Reitpeitsche wies sie der hohen Polizei die Thüre;
den Studenten, die ihr ein Pereat vor dem Hause brachten, trank sie
lachend Champagner zu und bewarf die zugeströmte, drohende Menge
mit Bonbons. Vor den Augen Europas spielte sich eine Staatsaktion
ersten Ranges ab, wie eine lustige Operette.

Lola Montez — unter diesem Namen hatte die Tänzerin sich
eingeführt — war geboren zu Montrose in Schottland, die Tochter
eines englischen Offiziers Gilbert und einer Kreolin Oliverras. Mit
15 Jahren war sie in Bath aus der Pension entlaufen, hatte sich
mit einem jnngen Kapitain James verheiratet und mit ihm nach
Kalkutta eingeschifft. Jn den Offizierskreisen der ostindischen Kompagnie
herrschte ein ausgelassenes Leben, in dieser Schule wurde sie zur Cour-
tisane. Sie verließ ihren Mann, kehrte nach Europa zurück, ver-
tauschte in Spanien, wo sie längere Zeit verweilte, ihren englischen
Namen, wurde Tänzerin und ging aus einer Hand in die andre.
Jn Paris erregte sie Aufsehen und ein Journalist, Dujarrier, wurde
ihrethalben im Duell erschossen. Von Paris aus besuchte sie die
Bühnen der meisten Hauptftädte Europas, zuletzt, nach einer Kur bei
Chelius in Heidelberg und einer Nachknr in Baden-B, reiste sie nach
München, wo sie anfangs Oktober 1846 ihre erste Gastrolle gab
und den König alsbald in Fesseln schlug. Wenn ich Sepp, der die
meisten dieser Angaben gesammelt hat, richtig verstehe, so liebte der
König das schöne Menschenbild nicht anders als wie er die schönen
Marmorbilder seiner alten Pinakothek anbetend verehrte. Auch im
Gedichte pries er die anmutige Heiterkeit und das Feuer der ver-
meinten Andalusierin:

„Heitern Smnes, froh und helle,

Lebend in der Anmut hin,

Schlank und zart, wie die Gazelle,

Bist du, Andalusierin,

Voll von Feuer, voll von Leben
Jst dein Wesen, ist dein Streben."

Der dringlichen Einreden Abels ungeachtet, verlieh der starr-
stnnige König der Tänzerin den Titel einer Gräfin von Landsberg
 
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