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Laban, Ferdinand
Der Gemüthsausdruck des Antinous: ein Jahrhundert angewandter Psychologie auf dem Gebiete der antiken Plastik — Berlin, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.11397#0011
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entrückt. Mag auch Antinous mit den Attributen ver-
schiedenster Gottheiten vorgestellt sein, gleichsam leicht
maskiert, —■ immer ist es doch der uns wohlbekannte
eine Antinous, dessen individuelle Körper- und Gesichts-
bildung alles mythologische Beiwerk vergessen lässt.
Hier stehen wir einer realen Persönlichkeit, gegenüber:
das fühlen wir alsogleich. Hier ist das Porträt das
Wesentliche, die Hauptsache. Nichts leichter, als einen
Antinous als solchen zu erkennen. Dazu bedarf es nicht
einmal wissenschaftlicher Schulung. Das Individuelle
ist ja das am sichersten zu Unterscheidende und weist
unser Urtheil wie von selbst in die richtige Bahn.
Vollends, wenn, wie hier, sich das Individuum mit so
hinreissender Prägnanz als etwas Einzigstes, Unver-
wechselbares hinstellt. Bewirkt wird dies aber dadurch,
dass nicht bloss die Körper- und Gesichtsformen uns
in jedem Antinous-Bildwerk an den einen realen Men-
schen gemahnen, sondern dass alle diese Porträts im
Antlitz des Dargestellten eine gewisse habituelle Ge-
müthsstimmung zum Ausdruck bringen, die uns gerade
als das Charakteristischste dieser Persönlichkeit am tief-
sten packt. Alle Antinous-Darstellungen geben bloss ein
Mehr oder Weniger davon, sie erreichen das ihnen
Vorbildliche besser oder unvollkommener. In der Sache
aber steuern sie alle auf das selbe Ziel los. Und dieses
ist eben die Wiedergabe eines bestimmten realen Men-
schen, in dessen Antlitz eine gewisse Seelenstimmung
ebenso beharrlich und eigenthümlich in die Erscheinung
tritt, wie die unveränderlichen Körper- und Gesichts-
formen es naturgemäss sind.

Hier setzen wir mit unserer Untersuchung ein.

Wir sagten, der Gemüthsausdruck im Hermeskopfe
 
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