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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 2.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.8804#0142
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Staatsanwalt, flieg!

*“*4 n/

Die Siegesfeier

Ein kleines Episödchen von der letzten
Wahl soll dem Rachen der Vergessenheit
entrissen tverden.

Die deutsche Dinz- und Kuntz-Partei
war im Wahltaumel.

And glaubte fest, daß sie siegreich das
Feld verlassen würde.

An all die vielen hundert Mitglieder
dieser groß — großen Partei ging deshalb
ein Rundschreiben:

„Sollten wir, was und wie nicht anders
zu erwarten ist, in dieser Wahl siegen, so
versammeln sich die Mitglieder zur Sieges-
feier in der Wilhelma. Sollten wir jedoch,
was Gott und unsere Lügen verhindern
Mögen, aufs weicheDauptges Klagenwerden,
so findet eine Trauerfeier bei Aschinger statt.

And es nahte der 7. Dezember.

Der Abend kam.

Da saß die ganze Partei bei Aschinger
(wo sie begliem hineinging).

And nur Kuntze in der Wilhelma.

Heinz vudwigq.

Zu diensteifrig

Der Fernsprecher klingelt. Der Stift
geht an den Apparat und stellt fest, daß
eine andere Abteilung gemeint ist. Dienst-
eifrig, wie unser Stift nun einmal ist, er-
klärt er der Anrufenden: „Ein Augen-
blick, Fräulein, ich werde Sie gleich
umlegen lassen!"

Oer Express- Dichter

Ich stehe in der Zeit mit beiden Füßen.
Ich bin bis in das Mark aktuell.

Wenn in der Ferne Sensationen grüßen,
juckt mir vor Wißbegier das Fell.

Ich flieg’ vorbei an Kilometersteinen.

Es surrt der Te'egraphendraht.

Ob Bräute lachen oder Witwen weinen,
entscheidend ist die rasche Tat.

Ich dicht’ aufVorrat täglich hundert Oden.
Ein Pappenstiel ist ein Sonett.

Ich bin versiert in sämtlichen Methoden
und finde überall ein Bett.

Der Zeitgeist ist in meine Hand gegeben.
Ich halt’ ihn fest, er hält mich aus.

Wie ein Propeller wirble ich durchs Leben
und mit dem nötigen Sturmgebraus.

Es schlägt mein Herz im Takt der Schreib-
maschinen.

Die Druckerpresse ist mein Hort.

Mich schrecken weder Zäune noch Gar-
dinen.

Enthüllung ist mein Zauberwort.

Man muß der Welt die Schneidezähne
zeigen.

Es siegt das stärkere Gebiß.

Nichts nützen Nachtigallen oder Geigen.
Auf Tempo kommt es an und Schmiß!

Hans Harbeck.

Klassik

Im Staatslheatcr gibt es „PrinzFriedrich
von Domburg".

Das Stück jenes Prinzen, der. wenn
er heut gedichtet wäre, „Warte, warte nur
ein Weilchen" hätte singen müssen.

In irgendeiner Szene erfährt die Frau
des Großen Kurfürsten, daß jener mit dem
Leben davongegangen sei.

Sie verzweifelt und ruft nach einem Stuhl.

Als sie diesen anr Ende des Zimmers ent-
deckt, wankt sie auf ihn zu.

Da hört man von den höchsten Stufen
auf einmal eine Stimme rufen:

„Der Stuhlgang der Kurfürstin".

Liebes Lachen Links!

Anser Freund Müller ist der untertänige
Sklave seiner Ehefrau, und auch in Gesell-
schaft Dritter trägt er seine Anterwürfigkeit
zur Schau. Das wirkt manchmal unan-
genehm und veranlaßte rnrs, ihm freimütig
zu erklären: „Lieber Müller, was Du treibst,
das ist keine sexuelle Hörigkeit mehr, das ist
eine sexuelle Angehörigkeit!"

Der Grund

„Dieser alte Wucherer da in der Droschke
ist der größte Geizkragen."

„Trotzdem fährt er Dioschke?"

„Natürlich, man soll seine hohen Zins-
füße nicht sehen."

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