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Für Nichtabftimmenöe

Zeichnung von Karl Holtz

Niemals wehrt sich der Ssel. Als deutschestes unter den Beesiern
Stört er niemands Genuß, selbst nicht des Wolfs, der ihn frißt!

Hebbel.

Der

Landgerichts-
direktor sab sich
scheu mu, dann stürzte er
nach vorn. Ein gurgeln-
der Laut, ein flehender
Blick — Lora lag mit ver-
drehten Augen am Boden.

So, der Papagei
war erledigt, und Dr.

Jürgens brummte zufrie-
den: „Bravo,daswar vieh-
isch'^ Was war noch übrig
von der Eleganz dieses
Herrenzimmers? Aus den
Schubladen des umgewor-
fenen Schreibtisches quol-
len durchwühlte Akten und
Briefe. Goethe, Schiller,
und Rudolf Herzog hatten

den Bücherschrank zusamt Strafprozesiordnung und BGB.
geräumt, um zerflcddert am Boden zu liegen, und die Überreste
einer zertrümmerten Bismarckbüste bevölkerten als trauriges
Abbild des eisernen Kanzlers den Papierkorb.

Einige Augenblicke hatte der Landgerichtsdirektor, in Ge-
danken versunken, da-
gestanden, als er jäh-
lings emporschreckte.

„Das könnte Ver-
dacht erwecken!" spin-
tisierte er halblaut. An

der Wand hing in verräterischer Unberührtheit Frau Else
Jürgens in Ol. . .

Ritsch ratsch, ritsch ratsch! So ein Küchenmesier ist doch eine
famose Erfindung: Die gemalt: Gattin zerfiel in Fetzen. Und
befriedigt setzte sich der Landgerichtsdirektor auf das linke Vor-
derbein eines umgekippten Klubsessels und zündete sich eine
Zigarette an. Vorsichtig mied er eö dann, sich an den Scherben

Volksentscheid !

\V/ir haben einen Namen gut,

W Wir haben einen Mannesmut,

Wir haben eine rechte Hand

Und Kraft, daß die den Stift umspannt.

Wir haben alle gleichen Weg —

Ein Hundsfott der zu schlapp und trag!
Dorthin, wo eine Liste ist!

Und schreibt hinein zur rechten Frist, —
Ihr Brüder, Schwestern allzumal, —

Dem Fürsten, der das Land bestahl,

Mit Schacherlist das Reich zerfetzt’

Und uns in Not und Tod gehetzt
In schlechter Treu und falscher Huld:

Die Quittung für die alte Schuld!

Stachus

des

kristallenen
Aschbechers zu ver-
letzen. — Da ging die
Flügeltür auf und Frau
Elfe trat ein, schon in
Abendtoilette, groß und
schlank, voll Kälte und
Majestät.

„Ganz nett!" sagte
sie ohne viel Aner-
kennung.

„Im Gegenteil, groß-
artig!" näselte der Gatte
fast gekränkt im Jargon
eines Reserveoffiziers und
wies triumphierend auf
die tote Lora. „So gemein
ist kein gewöhnlicher Ein-
brecher. Das müssen
Kommunisten gewesen sein. Denen traut man alles zu —,
wenigstens hier in dem lausigen Stargard! Ich habe doch
nicht umsonst dauernd die Höchststrafen verhängt! Meine
Begründungen hättest du hören müffen. Das Strafgesetz-
buch ist die Bibel des Verbrechers und so! Ein kompletter,

ausgezeichneter Rache-,
akt!" — Und mit
meckerndem Lachen zeig-
te er auf Frau Elfes
zerschnittenes Konter-
fei an der Wand.

Nervös spielte Frau Jürgens mit ihrem Smaragdring:
Sein Benehmen berührte sie peinlich. So etwas tut man, aber
man renommiert nicht damit! Und um abzulenken, sagte sie:
„Etz ist sechs Uhr durch. Von Quitzows haben zu halb acht
geladen. Du mußt dich umziehen."

Aber eine Stunde später, im Auto, flüsterte sie zärtlich:
„Dreißig Mille wird die Versicherung zahlen?"

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