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Nach Entscheidung des Reichsgerichts ist ein Urteil auch dann gültig, wenn ein Richter während der Verhandlung geschnarcht hat.

Da hockt der Sünder . . . abgehetzt,
Zermalmt von seines Schicksals Schwere. —
„Nun, Angeklagter, also?“ — Jetzt
Beginnt sein Kampf um Recht und Ehre.
Sechs Monde schwieg er siech in Haft,
Zuchthaus vor Augen, Schande, Strafen . . .
Nun hat’s ihn jäh emporgestrafft:

„Ich klage an! . . .“

Die Richter schlafen!

„Wer im republikan’schen Bund“,

So tat in heuchlerischem Schreiben
Jüngst der Verein der Richter kund,

„Kann unser Mitglied nicht mehr bleiben“.
Doch wer die Republik bespeit.

Der findet hier den sichern Hafen.

Die Weltenwende unsrer Zeit
Blieb ohne Spur . . .

Die Richter schlafen1

Hier wird — ein lästiges Insekt —

Ein Mensch zerknickt, den Hunger plagte;
Dort wird ein Roter eingesteckt,

Weil Rachsucht ihn vom Amte jagte.

Worch, Asmus, Hermann, Luppe, Spatz
Fängt man im Netz der Paragraphen.

Schon rüstet sich zu neuer Hatz
Der Staatsanwalt . . .

Die Richter schlafenl

Der sanfte Michel, jäh erschreckt
Durch Fürstengier, beginnt zu maulen:

„Justiz, schaff’ Hilfe!“ — Die entdeckt
Potz, ein Reskript Ottos des Faulen!

Nach diesem spricht sie Schlösser, Feld
Und Rente zu den Ex-Monarchen.

Schrei, deutsches Volk — schrei, daß es gellt,
Schrei’ wach das Recht!

Die Richter schnarchenl

Mich. v. Lindenhecken,

Zeichnung' von H. Abeking

bittet
I um. I

Kuh.e!

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„Gerichtsdiener, schmeißen Sie den Angeklagten raus! Seine Unschuldsbeteuerungen stören

die Mittagsruhe des Gerichts!“

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