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Zeichnung von H. «beking

Das Kabinett öer Füße

Nachdem ein „Kabinett der Köpfe" in Deutschland nicht Zustandekommen will, schlagt L. L. ein Kabinett der Füße vor.

l. Reichskanzler. 2. Außenminister. 3. Wehrminister. 4. Landwirtschaftsminister. 5. Arbeitsminister. 6. Postminister. 7. Innenminister. 8. Iustizminister.

Dar tuojamfdfe Dolchstoß

Dies ist die schauderhafte Geschichte von dem infamen Dolchstoß,
dem daS ganze herrliche Belagerungsheer erliegen mußte.

Die edlen und erhabenen Griechenhelden, Achilles, Patroklus, der
vielgewandte OdyffeuS, Aja.r, kurz alle die trefflichen Männer
von Hellas, hockten eines Abends, wie schon oft, im Zelte beisammen
und beratschlagten, wie — Himmeldonnerwetter — die Feste zu
nehmen sei. Im Hintergrund saßen, wie immer, der hochedle
Agamemnon und der abfindungöreiche MenelauS, die beiden herrlichen
Könige, und gaben hin und wieder ein markiges Fürstenwort dazu.

„Die Besatzung der südlichen Vorwerke ist bereits erledigt", sprach
der vielgewandte OdyffeuS, „ich hatte jedem Stoßtruppführer die Ge-
dickte des großen Barden Paul Warnke mitgegeben, und die
haben sie vorgelesen; worauf die trojanische Besatzung das Bewußt-
sein verlor."

Nun öffnete die Lippen der unüberwindliche Ajar:

„Dann wollen wir also — eh — meinen konzentrischen Plan ohne
Verzug zur Ausführung bringen und - eh — mit dem Angriff
sofort beginnen. Die Sanitätskolonne besetzt dann, mit reichlichem
Desinfektionsmaterial versehen, — eh — zweckmäßig sofort die
Wilhelms, um von dort aus die Verletzungen der geschwächten
Krieger zu behandeln. Darauf — "

„Luck' mich in die Hosentasch'!" sprach der listenreiche Beherrscher
IthakaS, „was machen wir, wenn die Trojaner Widerstand leisten?"

Betroffen sahen sich die Helden an. Und eö kratzten die herrlichen
Griechen sich die schöngebildeten Köpfe. Da sprach der unüberwind-
liche Ajax die geflügelten Worte:

„Ach, Quatsch! Die haben doch ihre Reichswehr!" Und der
abfindungsreiche MenelauS brüllte furchtbar aus dem Hintergrund:
„Wer sich mir cntgegenftellt, den zer-
schmettere ich!"

„Na, na, na, Hand von der Butter!"
meinte OdyffeuS vorsichtig. „Ich schlage
vor, wir bugsieren wieder wie damals ein
großes Roß in die Stadt."

„Ja Kuchen!" knurrte der herrliche
Pelide Achilleus wütend und spie in
großem Bogen ins Feuer. „Und was
haben sie damals gemacht, die ekelhaften
Trojaner, die gottverfluchten Schweine-
hunde? Was haben sie gemacht, frag' ich?

Sie haben eö einfach zum Staatsober-
haupt gewählt! Und wir haben hinterher
geguckt!"

„Iawoll, jawoll, ja, natürlich!" näselte
Patroklus, „und jetzt sitzt er da und kann
nicht. Höchstens, daß er aus Verzweif-
lung täglich die Farben wechselt."

Wieder versanken die Helden in Nach-
denken.

„Wir haben die Sache eben damals
nicht richtig angefaßt", Hub der listenreiche
OdyffeuS nach einer Weile an, „wir haben
nur ein Roß genommen; wir hätten eine
ganze Menge nehmen sollen. Tja, natür-
lich, das ist eine glänzende Idee, eine
große Anzahl Rosse müssen wir nehmen,
d i e können sie doch schließlich nicht alle
— selbstverständlich, daS ist daS einzige

Mittel, um in die Stadt zu kommen." Der herrliche Dulder geriet
hier in edlen Schwung: „Also da muß eben auch der letzte patrio-
tische Führer mit 'ran!" Und er hielt einen ausgezeichneten Vor-
trag, dessen Argumenten sich die unübertrefflichen Helden nicht ver-
schließen konnten. Dann ging es ins Scherl-HauS, um mit seinen
Leuten die Sache richtig aufzuziehen.

Und richtig! Noch bevor die Sonne ihren höchsten Stand erreicht
hatte, zogen sie aus dem Lager, die edlen Griechenführer; allen voran
der Pelide Achillus, Patroklus, Ajax und fo weiter, herrlich angetan
mit ihrem Schmuck an Hakenkreuzen, Stahlhelmabzeichen und
Totenköpfen.

„Vergeßt also nicht, uns die Tore rechtzeitig zu öffnen!" rief
ihnen der vielgewandte Odysseus noch nach, der zurückgeblieben war.
Auch Agamemnon und MenelauS blieben im Lager, um mit ihren
Rechtsanwälten zu konferieren. So zogen sie hinaus, die streit-
gewaltigen Griechenhelden, bis vor die Tore Trojas. Dort warteten
sie und — den Göttern sei Dank! — nach kurzer Zeit wurden sie
eingelassen. Lauter Jubel erfüllte daS Griechenlager und, des glück-
lichen Ausgangs gewiß, erwartete nmn das weitere.

Man erwartete das weitere — ein, zwei, drei Tage lang. Und
die schöngeftalteten Griechenhelden wurden etwas nervös.

Aber am vierten Tag sahen sie den ehrlichen Helden AlbuschatioS
in weiten Sätzen aus der Richtung Trojas herbeigerannt kommen.
Und die Tränen liefen dem Wackeren in den blonden Barr.

„Seht, da kommt er, da kommt AlbuschatioS mit der SiegeS-
nachricht!" frohlockten die edlen Griechen, „seht, wie ihm die Freuden-
träncn über die Backen kullern!"

Und auch der treffliche Held Agamemnon und der abfindungöreiche
MenelauS kamen aus dem Hintergründe
hervor und wollten ihrem königlichen
Dank Ausdruck verleihen; sie hatten schon
in hochherziger Weife 10 (XX) Photo-
graphien mit Widmungen bereitgelegt.

„Nun, mein ehrlicher AlbuschatioS",
Hub der vielgewandte OdyffeuS an zu
sprechen, als der Bote vorm Zelte stand,
„erzähle! Sind die albernen Trojaner
darauf 'reingefallen und haben unsere
schrecklichen Helden in die Stadt geholt?
Und was haben sie mit unfern als Rösser
verkleideten Helden gemacht?"

„Sie haben sie 'reingeholt, huhuu",
schluchzte AlbuschatioS, „und als die Hel-
den da alle standen, angetan mit dem herr-
lichen Schmuck der Hakenkreuze, Toten-
köpfe und Stahlhelme, da haben sie sie
sich lange angeguckt, huhuu, unb dann
haben sie sie —"

„— und dann haben sie sie stehen
lassen, nicht wahr, mein braver — ?"

„Nein, dann haben sie sie sich nochmals
angeguckt, huhuu, und dann haben — "
„Was haben sie?" fragten Agamemnon,
MenelauS und OdyffeuS aus einem
Munde.

„Dann haben sie sie für Kamele ge-
halten und allesamt in den Zoo gesteckt!"

(Fortsetzung auf Seite 251.)

Rund um das Sammellager

Zeichnung von Heiner Oikreiter

„Nun, was sagen Sie, lieber Hitler?" — „Es
ist eine schmutzige Konkurrenz, gegen die man zu
kämpfen hat! Meine Schwiegermutter hätten
sie natürlich auch ins Sammellager gesteckt!"

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