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Henning Dudersfadf: Verfassungstag

Still ward der Krieg, und so geschah es dann,

So traten wir die arge Erbschaft an:

Das alte Reich ein wüster Trümmerhaufen,

Und daß sein teures Leben sicher sei,

Uneingedenk vergangner Prahlerei,

Der Herr und Kaiser zag davongelaufen.

Millionen, die den Tod der Schlachten starben,

An Krüppeln ungezählt, ein Riesenheer!

Wer bannt das Elend? Alle Kassen leer,

Und unsre Frauen, unsre Kinder darben,

Doch, die sonst prahlend standen um den Thron,
Die großen Herren alle feig entfloh’n!

Wir aber, Volk, in tiefer Not vereint
Und bettelarm durch Elend nur verbunden,
Ermannten uns: Jetzt heilen wir die Wunden
Und werden schaffen, was unschaffbar scheint!

Wir hüben mühsam an, den Bau zu richten,

Und fügten emsig wirkend Stein an Stein.

Kein Haus verbohrten Dünkels dürft’ es sein:

Wir setzten gleich die Rechte und die Pflichten,
Und nach der Knechtschaft würdelosen Jahren
Ward frei das Herz, weil frei die Geister waren.

Das Werk von Weimar soll uns teuer bleiben
Und unversehrt, solang’ ein Puls noch schlägt.

Wer kühn das schwarzrotgoldne Banner trägt,

Wird auch des Rückschritts feile Schar vertreiben!
Wohl heben frech sie gegen Volk und Staat
Aus Schutt und Moder blutbefleckte Zeichen.
Verruchter Mord geht höhnend über Leichen,

Die Lüge scheut vor keiner Missetat.

Umsonst ist ihre Schmach! In allen Stürmen
Wird, was das Volk sich baute, nicht vergehn,

Weil die Millionen auf der Wache stehn,

Die Republik, die Freiheit selbst zu schirmen.

Der falsche Schein, die lärmende Musik
Löscht nicht die stolze Inschrift über’m Haus:
„Das deutsche Reich ist eine Republik!
Es geht die Staatsgewalt vom Volke aus!“

Ein Esel

Ein Esel war im Zoo-
logischen Garten geboren
und ausgewachsen. Seit
Eselsgedenken trabte er
den gleichen Sandplatz auf
und ab, — von einem
Gitter zum andern. Im-
mer zwanzig Schritt hin,
bis seine Schnauze gegen
die Stäbe stieß, dann
zwanzig Schritt zurück. Er
kannte kein anderes Da-
sein.

Eines Tages aber erhob
sich ein Wirbelwind: Der
richtete gewaltige Zerstö-
rungen an und warf auch
das Eselsgatter um.

Der Esel sah den ver-
haßten Zaun fallen und
gewann seine Freiheit. . .
Meint Ihr. Aber Ihr

In Oeynhausen

Zeichnung von Hans Landwehrmann

„Da feiern die Leute diese schlappe Republik. Wenn
ich zurückdenke, mein lieber Herr Baron, an die kraft-
vollen Zeiten, in denen wir den Staat lenkten . . ."

unterschätzt das treue
Eselsgemüt.

Als der Esel die Linie
erreichte, wo das weiland
Gitter gestanden hatte,
zuckte er, als habe er sich
die Schnauze gestoßen,
und machte kehrt. Auf der
anderen Seite gerade so.
Er trabte ganz wie früher
auf seinem Sandplatz hin
und her. Das Gitter sah
er zwar nicht mehr, aber
er fühlte, „hier muß eS
sein", und verhielt sich
danach.

So handelt ein Esel.

Nicht so das deutsche
Volk, besten Gatter der
Wirbelwind vom Novem-
ber 1918 zerbrach.

Oder . . .?

Nein, es gibt hier kein
Oder! M. v. L.

Körl Schnog: Magdeburgfrieden

Wenn der eine Kommissar
j m an^ern Kommissar,
und die beiden mißversteht sich gänzi
spurt die unumschränkte Macht
jeder, der in Mordverdacht
im ganzen riecht die Suppe brenzlig

Wenn die eine Kompetenz
mit der andern Kompetenz
nicht konform geht, amtlich und juristisch,
nimmt der Kommissar Partei.

Seinen Schützling spricht er frei
und den andern piesackt er sadistisch.

Wenn der eine Idiot
und der andre Idiot,

dfr wild? Ehrgeiz plagt die beiden,
muß das schäbige Objekt,
das eis Fall“ dazwischensteckt,
jur die Träume dieser Herren leiden/

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