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Aber gibt nicht die Tücke dieses Fremdvolkes
immer wieder zu denken? Wo bleibt ein Juden-
gesetz?)

Die Brieftasche gesunden!

Bei Redaktionsschluß erfahren wir, daß di«
Brieftasche des Privatier Krause gefunden ist.
Die Haushälterin Amanda Kleinhirn fand das
vermißte Objekt, als sie Len unerklärlich stark be-
sudelten Mantel ihres Brotherrn auSbürstet«, in
der rechten äußeren Überziehertasche. Die Brief-
tasche enthielt noch sämtlich« Rechnungen, außer-
dem einen mysteriösen Zettel folgenden Inhalts:
„Ick pfeif' uf Ihre Hilfe, Sie dofer Ganove.

Ick habe mir schmählich in Ihre Potenz jetäuscht.

Großfürstin Alexandra Iwanowa."

(Sie Bewußte aus 'n Kaisee-Lafs.)

Sie -eutsch-franzöfische
Verständigung - eine
Machenschaft Severings!

(Eigener Bericht.)

Don nationaler Seite wird uns geschrieben:
Der schwarze Tag von Thoiry, die Einleitung
einer deutsch-französischen Verständigung, enthüllt
sich mehr und mehr als ein Anschlag des preußi-
schen Innenministeriums auf die allen nationalen
Kreisen teure Erbfeind-Überlieferung. Kein
Wunder, ist doch Herr Severing Sozialdemokrat
und als solcher geneigt, die Grundsätze des bürger-
lichen Erbrechts einer Revision zu unterziehen.
Hier liegt der Schlüssel zum Verständnis von
Thoiry, mag auch die unmittelbare Verant-
wortung für die Verständigungsaktion zu Lasten
des Reichsaußenministers Strefemann gehen. Be-
merkenswert ist auch, daß in diesem Zusammen-
hang die „Bergisch-Märkische Zeitung", gestützt
auf unwiderlegliche Rechnungsbelege, an Herrn
Strefemann die direkte Frage richtet,
wer eigentlich die Forellen beim Frühstück
von Tboiry bezahlt habe?

Wir sehen einer Äußerung des Herrn Reichsaußen-
ministers mit Spannung entgegen.

Tages-Nachrichten

WTB. Berlin, den 7. Oktober. Die Ge-
rüchte von einer Rücktrittsabsicht des ReichSwehr-
komwandeurS Seeckt entbehren jeder Grundlage.

TU. Berlin, den 7. Oktober. Wie wir aus
zuverlässiger Quelle erfahren, sind di« Nachrichten,
der Neichswehrkommandeur Seeckt gedenke zu-
rückzutreten, völlig aus der Luft gegriffen. Herr
Seeckt genießt nach wie vor das volle Vertrauen
seines Obersten Kriegsherrn.

B e r l i n , den 12. Oktober. Der Reichs-
wehr-Kommandeur Seeckt istnundochzu-
rückgetreten. Mit der Zeitfreiwilligen-
Dienstleistung eines Hohenzollern-Prinzen in
der Reichswehr sah Herr von Seeckt seinen
letzten und höchsten Traum verwirklicht —

Ein Zesttag unserer Stadt

Am vergangenen Sonntag wurde das Mahn-
mal auf dem Hohenzollernplatz unter lebhaftester
Antcilnahme aller besseren Kreise enthüllt.

Eö hat mit diesem Mahnmal folgende Be-
wandtnis: Als Se. Majestät Kaiser Wilhelm II.
im November 1918 Allerhöchstselbst Sich nach
Holland begaben, bemerkte der Landwirt Krause,
daß auf der Chaussee, die das Kaiserliche Auto
kurz vor dem Grenzübergang passierte, sich ein
Feldstein in etwa Kopfgröße befand. Herr Krause
räumte den Stein sofort aus dem Wege, so daß
das Kaiserliche Auto ungehindert und ungefährdet
passieren konnte.

Herr Professor Dr. Schniebelmann ist dieser
stillen, treuen Tat eines Patrioten nachgegangen.
Er ermittelte Herrn Krauses Adresse, erwarb den
historischen Stein, der nun das Mahnmal krönt
(siehe obenstehende Abbildung).

Die Mahnmal-Weihe.

Blick in die Schar der Festteilnehmer.

was fesselte ihn noch an dieses republikanisch
verseuchte Deutschland! Das Handschreiben
des Obersten Kriegsherrn an den verdienten
Offizier werden wir demnächst im Original
veröffentlichen.

das verfahren gegen
^ustizrat Elaß

(Eigenes Telegramm.)

Berlin, 8. Oktober. Die Voruntersuchung gegen
Iustizrat v. Claß ist, wie wir erfahren, jetzt so
weit gefördert worden, daß Ernstliches für den
bekannten, hochverdienten nationalen Führer nicht
mehr zu befürchten ist. Die Hauptverhandlung
wird demnächst ftattfinden.

Ein gesellschaftliches
Ereignis

Von Napoleon I. stammt das bekannt« Wort,
es sei kein Wunder, wenn die Mehrzahl der
Frauen royalistisch gestimmt sei, die Freiheit sei
«in Weib, dag durch sein« Schönheit alle anderen
auSfteche. Echt gallisch, frivol und widerlich dieses
Wort! Zur Wahrung der deutschen Belange
auch auf dem Gebiete weiblicher Schönheit wird
Herr Bumke, der rührige Wirt des rühmlichst be-
kannten Etablissements „Zum Kaiseradler", in
nächster Woche eine Schönheits-Konkurrenz
deutschnational gesinnter Frauen veranstalten. Der
Evangelische Iungfrauenverein, der Luisen-Klub,
das Adels-Stift St. Georg und di« Vereinigung
Deutscher Frauen mit Lyzealbildung haben ihre
Mitwirkung zugesagt. Es wird und muß sich
Herausstellen, wem der Preis der Schönheit zuzu-
erkennen ist!

Zeme-Moröe

Auch so eine Errungenschaft, diese parlamenta-
rischen Untersuchungsausschüsse! Wir lebten ruhig
und zufrieden, kein Mensch wußte
etwas von Feme-Morden, da kamen
die Untersuchungsausschüsse und trugen Aufregung
und Sorge in so manche treudeutsche Familie!
Und was ist denn schließlich bei der ganzen
Schnüffelei herausgekommen? Man hat einige
bedauernswerte Opfer gefaßt, diejenigen aber, auf
die es «»kommt, werden nach wie vor dem repu-
blikanischen Zugriff unerreichbar bleiben. Des
können die Herren Ausschußmitglieder sicher sein!

7ius -er Provinz

Rafflingen, 3. Oktober. Das Stahlhelm-
Sportfest am vergangenen Sonntag nahm einen
glänzenden Verlauf. Nach Schluß der turneri-
schen Vorführungen hielt Herr Kapitänleutnant
Ehrhardt einen instruktiven Vortrag über die
Bedeutung der Eidesleistung.

Oberdorf, 4. Oktober. Hier starb der Alt-
sitzer Johann Drähnbartel. Drähnbartel ist der
letzte von jenen Männern, die sich am 16. Juni
1878 auf unserem Bahnhof Oberdorf eingefunden
batten, um den Sonderzug des Fürsten Bismarck
passieren z» sehen, der sich von Berlin nach Frank-
furt a. M. begab.

Lokales

* Der Kegelklub „Gut Holz" feierte gestern
sein 50. Stiftungsfest. Was der allerseits beliebte
Verein für die Geschichte unserer Stadt bedeutet,
ist allgemein bekannt. Unter den Gratulanten
waren der Vorstand des Vereins für Erhal-
tung der Volksniedertrachten und der Aufsichtsrat
der Süddeutschen Brauer«i-A.-G. erschienen.

f- Ein aufsehenerregender Vorfall spielte sich in
der Bergerftraße Ecke Breitestraße ab. Fra«

Durch Nacht zum Licht!

Vaterländischer Roman von Viktor v. Hohen«
stetten.

(38. Fortsetzung.)

Die Strahlen der Abendsonne glitten über
Erikas blondes Haar, als sie nun wortlos selig in
den Armen des geliebten Mannes lag.

Fester schloß Dietrich von BrandenfelS die Ge-
liebte an sein Herz.

„Ja, so war's", sagte er träumerisch, indem
seine schlanken aristokratischen Finger über Ediths
Stirnlocken kosten, „genau solch Feuer lag da-
mals auf Höhe 715! Und genau so wie deine
Augen jetzt blitzen, du Einzige, so blitzte damals
der Preußendegen in meiner Faust! Es war «ine
große Zeit!"

„Sie wäre größer und größer geworden", ant-
wortete Edith, „wenn nicht alles anders gekommen
wäre! O, denke ich an jenen 9. November,
dann . . ." Sie brach ab und blickte düster in
den eben aufgehenden Mond.

„Es war ein schwarzer Tag", setzte Dietrich

von BrandenfelS die Reminiszenzen fort, „mein
Vater, der Oberstleutnant Karl von Branden-
fels, hatte sich verzweiflungsvoll in den Keller
unserer Villa zurückgezogen. Mama, die geborene
Freiin von Stolzenburg, redete die Dienstmädchen
mit „meine Damen" an. . . ."

„Großer Gott!" stieß Erika hervor. Es klang
wie ein Aufschrei.

„Und wir mußten noch „Danke schön" sagen,
wenn das Personal sich überhaupt der Unterhosen
Vaters annahm", fuhr Dietrich in der Schilde-
rung des Gräßlichen fort. „In jenen Tagen war
«S ja auch, daß ich mir die schmerzhafte Lähmung
der rechten Hand zuzog. . . ."

Erika ergriff die Rechte des Geliebten und
streichelte sie zärtlich.

„Ich weiß", sagt« sie flüsternd und schloß die
Augen wie vor einem inneren Bilde, „ich weiß,
du standest von morgens bis abends auf dem Bal-
kon des Hauses und schwenktest die rote Fahne!"

„Und die Uniform, die herrliche Uniform des
1. GarderegimentS zu Fuß lag oben auf dem Bo-

den, in einer alten Truhe wohlverwahrt", er-
gänzte Dietrich.

„Nun, eS ist vorbei", lächelte Erika ihn an,
„heute darfst du sie wieder tragen! Du hast die
Berechtigung. Und wenn wir demnächst vor den
Traualtar treten . . ." Sie brach in holder Ver-
wirrung ab.

Dietrich von BrandenfelS schloß die Geliebte
aufs neue in die Arm«.

„Ja", sagte er glücklich, „das Gewölk hat sich
verzogen. Die Sonne scheint wieder. Papa hat
seine auskömmliche Pension und mir trägt der
Kurierdienst zwischen München und Budapest aus-
reichende Revenuen. Aber jetzt" — er löste sich
sanft aus der Umarmung — „jetzt muß ich gehen,
Erika! Unterricht im Kleinkaliberschießen, du
weißt!"

Er ging. Und wie er leichten Schrittes durch
die vornehme alte Allee davoneilte, blickten ihm
zwei liebende Augen noch lange nach.

Dann machte sich Erika zum ten fertig.

(Fortsetzung folgt.)

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