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Landinus, Christophorus; Wolf, Eugen [Transl.]
Camaldolensische Gespräche — Das Zeitalter der Renaissance, 2. Serie ; 7: Jena: Eugen Diederichs Verlag, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.55590#0119
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wie du es gerne tust, den Ernst deines Vortrags durch heitere
Einfälle mildern. Aber Scherz beiseite, ich wollte, daß die
übrigen Menschen an derselben Art von Neid krankten wie
du. Dann entstünde nicht täglich unter den Gelehrten soviel über die
Mißgunst und Eifersucht, vielmehr herrschte ein gegenseitiges ^lfe^ucht der
Wohlwollen und jeder würde die Vorzüge des anderen ohne
Falsch rühmend anerkennen, und wenn ihm irgend etwas nicht
gefiele, so würde er freundschaftlich darüber hinwegsehen. So
aber kann ich mich über vieler Leute — soll ich es Grausam-
keit oder Torheit oder beides zusammen nennen ? — nicht ge-
nug wundern, die, jedes menschlichen Gefühls bar, glauben,
ihr Ruhm nehme in dem Maße zu, als sie den ihres Nächsten
schmälern und verkleinern, und sich einbilden, sie könnten der
Mitwelt ihre Gelehrsamkeit dadurch beweisen, daß sie die
anderen der Unwissenheit zeihen. Eine solche Verwilderung
wirkt auf mich ähnlich abschreckend wie irgendeine Mißgeburt.
Die Beschäftigung mit den Wissenschaften pflegt doch auf den
Menschen, sofern er nicht ein Ungeheuer in Menschengestalt
ist, in derselben Weise einzuwirken, wie das Wasser auf die
Lupinen. Wie diese, sobald man sie einweicht, alle Bitterkeit
verlieren und sehr angenehm schmecken, so legt auch der
menschliche Geist, wenn er durch die Wissenschaften gebildet
wird, alles Rohe und Törichte und eines wahren Menschen Un-
würdige ab. — Doch damit entfernen wir uns wohl zu weit von
unserem Gegenstände und so möchte ich dich bitten, nunmehr
fortzufahren.“
„Eine solche Abschweifung, Alamanno, ist mir sehr will-
kommen“, erwiderte Battista. „Ich kann das von dir Ge-
sagte nur billigen und stelle mit Freuden fest, daß ihr nicht nur
mit Worten, wie es zumeist der Fall ist, sondern auch in Tat
und Wahrheit Philosophen seid.
Aber um nun endlich das Gespräch da, wo es abgebrochen
wurde, wieder aufzunehmen: in der genannten Art etwa pflegen
die Peripatetiker die Frage des höchsten Gutes zu behandeln. Daß
die alte Akademie denselben Standpunkt eingenommen hat,
bezeugt M. Varro unter Berufung auf Antiochus, der, wie wir
lesen, sein und Ciceros Lehrer war, obwohl letzterer wieder be-

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