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Lavater, Johann Caspar; Weidmanns Erben und Reich [Mitarb.]; Heinrich Steiner & Comp. [Mitarb.]; Reich, Philipp Erasmus [Bearb.]; Steiner, Heinrich [Bearb.]
Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe (Band 3) — Leipzig: Weidmann und Reich, 1777 [VD18 9019747X-ddd]

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Des dritten Bandes der physiognomischen Fragmente erster Abschnitt
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Zweytes Fragment
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26. n. Fragment.
„mußte gewiß zuerst sich selbst überwunden haben, oder er wäre seiner Zeit gefolget. Der Mann,
„der die Weisheit so ties im Verborgenen suchte, aber überall suchte, sie immer mehr ahndete,
„unendlich tiefer ahndete, als fand, sie aber dafür überall aufzuwecken strebte; der Mann ist mir
„in seiner Silmbüdung eben nach dem Gleichnisse des lieben Alcibiades, wahre Arzneykammer
„und Hieroglyphe. Er mußte so vieles an sich selbst durchgangen seyn, um so allgemein das Loos
„der Menschlichkeit an seinen Brüdern zu fühlen. In feinem Gesichte blieb der Sünder,
„und Barbar immer gegenwärtig, damit die Lehre der Weisheit, wie eine neue Morgenröthe.
(diefe Morgenröthe alfo war wenigstens im lebendigen Angesichte sichtbar) „über Trümmern der
„Verwesung desto mehr hervorglanzte. Mich dünkt, in seinem Leben sind hierüber Aeußerungm
„genug, obgleich weder Tenophon noch Plato ihn eigentlich in dieser Tiefe geschildert haben.
„Jeder zeichnet mehr, was er selbst war; der erste — den guten, klaren, edeln, weisen Mann;
„der zweyte den Denker, der: edeln Träumer, den Zerstörer der Vorurtheile und Sophismen; ohne
„Zweifel war Sokrates dieß, aber vielleicht mehr als dieß, und etwas anders. — So ein edles
„Seherohr die Physiognomik ist, so ist sie uns, wie die ganze Natur Handleiterinn, nach
„Gott zu tappen, ihn zu sehen, mW zu empfinden; die Führungen im Leben sind, wie die Of-
fenbarung die wahre n^ und das Bild Gottes im Spiegel, im Worte. —- Viel-
leicht giebt dieß kleine in die Thür gebohrte Löchlein Blick in ein Helles weites Gemach, das An-
„tiphystognomik, und zugleich die aufmunterndeste, höhere Physiognomik wäre. Lavater und
„Zopyrus sehen recht, und Sokrates war, was beyde in ihm sehen, und nicht sehen, aus einem
„HLHern Grunde, gleichsam in Morgenröthe einer zweyten höhern Bildung."
Eine vortreffliche Wahrheitreiche Stelle l herzlicher: Dank dem ungenannten Verfasser!
Ich will nichts beyfüger:, als ich sehe nicht Helle genug ein: — „wie Führung eines Menschen
„mehrOffenbarung Gottes seyn könne, als sein Gesicht?" Sollte nicht auch die Führung
eines Menschen ganz offenbar — geöffneten Augen nämlich —- in feinem äußern anschaulich wer-
den? Der von Gott auf den wilderfcheinenden Stamm eingepfropfte zärtere Zweig — (wenn je
dieß für möglich gehalten werden sollte? wenn man's nicht viel natürlicher findet, daß alles gute
göttliche aus dem Menschen, und eigentlich nicht in den Menschen komme) sollte der nicht im-
mer noch sichtbar seyn? — Aber Gras auf den Dächern verdorrend, ehe man's ausraust,
ist
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