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LUSTIGE BLÄTTER.

No. 3

er feen Slugenblid,


SBepauptung, baß bte größten ©idjter auch bie
311 fein pflegen, pabe icp einen SBemeig unlängft

ür bie adgerneine
größten ßügner

(Erzählt von unserem

Schwanenritter.
eigenen Quellenforscher.)



bei Oticharb SSagner gefunben, ber in feiner Oper „ßopengrin"
ben toahren Sacpbcrpalt gänzlich auf ben Stopf geftedt unb gefälfcht
hat. Qd) machte bie perfönliche SBefanntfcpaft ßopengring, ber fiih mir
im ©raum nach einer Splbefternacht borfteüte unb mich eingepenb fo«
mopl über feine eigenen SchicEfale, mie auch über ben beimtücEifcpen Bug
in Sticparb üßagnerg tünftlerifcher Schöpfung unterrichtete.
©er geneigte ßefer mirb mohl geftatten, bafj ich hier ben mirtlicpen
unb mähren Sdcbberpalt ber fjiftorie mittpeile. SRun alfo:
©ie langen, ringelförmigen ßoefen ßopengring bemahrten immer
noch hie golbene garbe mie bie Strahlen ber Morgenfonne, unb feine
SBnngen maren immer noch frifcp, blüpenb unb gefunbpeitgftropenb, aber
@lfa — ach, baS mar feine ®lfa mehr, mie man gemohnt ift, fidh biefelbe
borgufteden, nein, bag mar bielmehr nur eine diuine jener fdjönen @lfa,
für melche einft ßopengrin fein Schmert mit bem beg djolerifdjen
©elramunbg gefreut hatte. Qa, ®lfa, melche nur eine Sterbliche mar,
mürbe alt; ihr $aar mürbe auch ftart melirt, bann gang meifj unb
gulept blieben fie beim ßämmen am Summe haften, fo baß @lfa barüber
in mapre SBergmeiflung gerietp. Sticht genug aber an bem. Sie berlor
auch ihre einft fo herrlichen Bahne, einen nach bem anberen, unb ber
©eint erhielt halb bie garbc unb bie äußere ^orm ber fRinbe einer
abgemelttcn fßomerange. @g hatte feinen Srfolg, bafj fie bon früh hig
3um Sonnenuntergang bor bem Spiegel ftanb ober faß unb bie Singen«
brauen mit epinefifeper ©ufepe beftrich; bergebeng gab fie ihr SRabelgelb
für berfepiebene $oubreg unb Schminfen aug, bon meldjen fie gange

Schichten auf ipre runzligen langen auftritg; ber«
gebeng 30g fie einen erften amerifanifchen Bahn«
teepnifer 3U ©ilfe, bon bem fie fiep imitirte Bapne
in ipre burep bie langen Qapre ftarf begimirten
fiinnbacfen einfepen ließ, — ipre Sdjönpeit mar
längft borbei, unb feine meiifcplicpe ®unft mar im
Staube, ipr gu einer neuen Sugenb gu berpelfen.

Unb ßopengrin? «Wit tiefer fRefignation
empfing er ade ipre Bartlidjfeiten, bie ipn mit
Sdjauber erfüdten, unb mit ©ngelggebulb ermartetc
ba @Ifa an ipn enblicp bie Örage fteden mürbe:

„Unfelig halber SRann, hör’! mag ich bid) muh fragen! ©en «Ramen
fag’ mir an! SBoper bie gaprf? SBie beine ?lrt?"
Slfa fragte aber barnacp immer nicht. SSergebeng fudjte ßopen
grin alle ©efpräcpe auf feine ©erfunft gu lenfen, — @lfa unterließ jebe
grage, fo baß ßopengrin ber «ergmciflung nape mar. Stig er ipre
Bärtlicpfeiten unb Stüffe, nach benen ihm immer rotpe Schminfen«
fpuren im Seficpte gurücfblicben, niept mepr ertragen fonnte, übermannte
ipn bie SBergmeiflung unb er begann gu — trinfen. @r befuepte eifrig



alle Sierpaden, Äaßcepiiufer unb ©efangglotale unb in ©efedfepaft
gaplreicper Soubretten unb SSadeteufen tränt er bie Sßepmutp 06 feinet
UnglütfeS mit tiefen Bügen herunter, ©a marb @lfa aber plöplid)
eiferfücptig, unb ßopengring feüuglicpfeit glich batb einer Sffiaplftatt, auf
ber bie lebten Ueberrefte feiner geiftigen Stuße bemolirt mürben.
©a gefepap eg einmal, baß ßopengrin fpät nach Mitternacht bon
einer luftigen ©efellfdfaft nach $aufe ging; unb alg er bor feinem
Schlöffe anfam, eutbeefte er gu feinem ® erb ruß, baß er feinen $au§=
 
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